Tönnies und die Theorie des sozialen Wandels: Eine Rekonstruktion
1981; De Gruyter; Volume: 10; Issue: 1 Linguagem: Alemão
10.1515/zfsoz-1981-0101
ISSN2366-0325
Autores Tópico(s)Emile Durkheim and Sociology
ResumoZusammenfassung Obwohl Ferdinand Tönnies selbst eine Theorie des sozialen Wandels nicht verfaßt hat, läßt sich aus seinem Werk unter Zuhilfenahme von Beiträgen der amerikanischen Soziologie (Cooley, Mead, Baldwin) eine solche Theorie rekonstruieren. Dabei ist Tönnies’ Unterscheidung von „reiner“ und „angewandter“ Theorie zu beachten. Die von der reinen Theorie ausgearbeiteten Begriffe wie „Gemeinschaft“ und „Gesellschaft“ bezeichnen immer nur Grenztypen, die in der Wirklichkeit niemals rein, sondern nur in Kombinationen und fließenden Übergängen vorzufinden sind. Unter dieser Voraussetzung ist nach Tönnies der Wandel der westlichen Gesellschaften in der Tat als eine Entwicklung von eher „gemeinschaftlichen“ Formen des sozialen Lebens, in denen der auf gemeinsame Erfahrungen und Empfindungen gegründete „Wesenwille“ dominiert, zu eher „gesellschaftlichen“ Formen anzusehen, in denen der auf das rationale Zweck-Mittel-Denken gegründete „Kürwille“ dominiert. Je weiter der Vergesellschaftungsprozeß fortschreitet und damit das kürwillige, rationale Denken an Bedeutung gewinnt, desto wichtiger wird der „verallgemeinerte Andere“ als „Spiegel“ des eigenen Handelns für die Orientierung des individuellen Wollens und Denkens. Historisch geht der Anstoß zur Auflösung gemeinschaftlicher Lebensformen vom Warenhandel aus: Der Händler und Kaufmann bringt in die menschlichen Beziehungen das revolutionäre Element der Überlegung und Berechnung. Der geschäftsmäßige Vertrag, der Kontrakt, wird die normale und elementare Form der Beziehungen zwischen Menschen. Durch die Ausbreitung von Handel und Verkehr, die zunehmende Arbeitsteilung und Verstädterung werden immer mehr Menschen in diese Lebensform einbezogen.
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