Migration und Gesundheit - von Defizitanalysen zum Diversity-Ansatz?
2010; Thieme Medical Publishers (Germany); Volume: 73; Issue: 05 Linguagem: Alemão
10.1055/s-0030-1249648
ISSN1439-4421
Autores Tópico(s)Social and Demographic Issues in Germany
ResumoIm Zeitalter der Globalisierung kommt dem Thema Migration und Gesundheit wachsende Bedeutung zu. Dabei ist eine Diskrepanz zwischen veröffentlichten Meinungen, politisch intendierten Botschaften und wissenschaftlich gesicherten Erkenntnissen zu verzeichnen. Bei ca. 15,4 Mio. Menschen mit Migrationshintergrund (dem entspricht ein Anteil von ca. 19% der deutschen Bevölkerung) stellen Migranten für Gesundheitswesen und soziale Sicherungssysteme eine wichtige "Kundengruppe" dar. Die in 2005 vom Statistischen Bundesamt erstmalig eingeführte Kategorie Migrationshintergrund suggeriert eine Homogenität, die de facto nicht gegeben ist. Personen mit Migrationshintergrund (u. a. aktive Einwanderer, deren Kinder und Enkel, Spätaussiedler, Ausländer) sind hinsichtlich gesundheitlicher Auswirkungen des Migrationsprozesses differenziert zu betrachten. Neben potentiell pathogenen migrationsassoziierten Einflüssen (z. B. Ethnizität, Herkunft, kulturelle/religiöse Besonderheiten, migrationsbedingte Stressoren) sind als wichtige "Confounder" u. a. Bildung, soziale Lage, Lebensstil und Teilhabe an Arbeitswelt und Gesellschaft zu berücksichtigen. Hierbei könnte ein neuerer sozialwissenschaftlicher Ansatz (Sinus Migranten Milieu) auch für die sozialmedizinische Forschung und Praxis nützlich sein. Gesundheitsrelevante Informationen über Migranten resultieren zum einen aus primär dafür konzipierten wissenschaftlichen Studien, zum anderen aus Routinedaten der amtlichen Gesundheitsberichterstattung (Bei der Interpretation von Sekundärdaten stellt sich das Problem, dass die Zielgruppe (Migranten) in diversen Datenquellen uneinheitlich definiert ist (z. B. Deutsche, Nicht-Deutsche, Ausländer, Migrationshintergrund) und wichtige Confounder (z. B. aus dem soziokulturelles Milieu) nicht erfasst werden. Daraus können u. a. Unter- bzw. Überschätzungen von Gesundheitsrisiken oder auch falsche Kausalschlüsse resultieren. Der nachfolgende Beitrag beleuchtet unter Berücksichtigung dieser Limitationen anhand von Datenmaterial amtlicher Statistiken (u. a. Statistisches Bundesamt, Sozialversicherungsträger) und neuerer wissenschaftlicher Untersuchungen ausgewählte Aspekte von Migrantengesundheit (u. a. Gesundheitsverhalten, Morbidität, Krankenstand, Frühinvalidität, Versorgungsgeschehen, Rehabilitation und Mortalität). Abschließend werden mögliche Implikationen für eine intensivierte Diskussion und Weiterentwicklung der Versorgungspraxis aufgezeigt.
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