Artigo Revisado por pares

Die primäre N.-radialis-Parese bei Humerusschaftfrakturen – revidieren oder zuwarten? Eine Analyse der Versorgungsrealität in Deutschland

2010; Thieme Medical Publishers (Germany); Volume: 148; Issue: 06 Linguagem: Alemão

10.1055/s-0030-1250107

ISSN

1864-6743

Autores

Jan‐Peter Grassmann, Pascal Jungbluth, L. Bullermann, M. Hakimi, Sebastian Gehrmann, Simon Thelen, Marcel Betsch, Joachim Windolf, Michael Wild,

Tópico(s)

Elbow and Forearm Trauma Treatment

Resumo

Hintergrund: Mit einer Prävalenz von 11,8 bis 18 % ist keine Fraktur so häufig mit einem Nervenschaden assoziiert wie die Humerusschaftfraktur. Ob der N. radialis bei primärer Radialisparese nach Humerusschaftfraktur zum Ausschluss einer Kontinuitätsunterbrechung oder Interposition operativ dargestellt werden soll, wird kontrovers diskutiert. Ziel dieser Studie war die Erfassung der Versorgungsstrategien bei primärer Radialisparese nach Humeruschaftfraktur in Deutschland. Material und Methoden: In einer standardisierten Umfrage wurden 495 unfallchirurgische und 134 neurochirurgische Kliniken bezüglich der Behandlung primärer Radialisparesen nach Humerusschaftfraktur befragt. Es wurden alle Universitätskliniken, alle BG-Kliniken, alle Schwerpunktkliniken sowie Kliniken mit einer Gesamtbettenzahl > 300 mit unfallchirurgischer und/oder neurochirurgischer Abteilung angeschrieben. Erfasst wurden die Versorgungsstrategien, die Anzahl beobachteter Kontusionen, Kontinuitätsunterbrechungen und Interpositionen des N. radialis im Frakturspalt. Zudem wurden die Ergebnisse nach primärer Nervennaht erfasst. Ergebnisse: Die Rücklaufquote auswertbarer Fragebögen betrug für die unfallchirurgischen Kliniken 56 % (Universitäten 77 %, BG & Schwerpunkt 63 %, > 500 Betten 70 %, > 300 Betten 44 %). Bei insgesamt 6097 behandelten Humerusschaftfrakturen pro Jahr betrug die Prävalenz primärer Radialisparesen 8,6 %. Bezüglich der Versorgungsstrategien befürworteten 59 % der Kliniken eine Darstellung des Nervs, während 25 % fallabhängig entscheiden und 16 % auf eine primäre Darstellung des Nervs im Falle einer primären Radialisparese verzichten. Im Falle einer Revision wurden überwiegend Nervenkontusionen (74 %) gesehen, gefolgt von Interpositionen des Nervs im Frakturspalt mit 19 % und Kontinuitätsunterbrechungen mit 7 %. Im Falle einer primären Naht des Nervs zeigte sich bei 87 % der Fälle eine partielle oder komplette Remission. Diskussion: Obwohl in der Literatur aufgrund der hohen spontanen Remissionsrate von 90 % ein abwartendes Prozedere bei primärer Radialisparese nach Humerusschaftfraktur empfohlen wird, erfolgt im klinischen Alltag häufig die Revision des Nervs. In diesen Fällen erscheint aufgrund der direkten Darstellung der Frakturzone und des N. radialis die Verwendung eines Verriegelungsmarknagels als minimalinvasive Therapieoption nicht sinnvoll. Interessanterweise tritt die befürchtete Kontinuitätsdurchtrennung eher selten auf. Welche Folgen Nerveninterpositionen bei fehlender Befreiung aus dem Frakturspalt haben, ist unklar, da diese nur im Rahmen einer operativen Revision detektierbar sind. Schlussfolgerung: Bei der Behandlung primärer Radialisparesen nach Humerusschaftfrakturen besteht in Deutschland derzeit kein Konsens, insgesamt sind Kontinuitätunterbrechungen des Nervs aber eher selten und die spontane Remissionsrate ist hoch. Ob und wann eine Darstellung des N. radialis bei primärer Parese obligat ist, bleibt unklar und sollte durch prospektive randomisierte Studien geklärt werden.

Referência(s)