Mären-Priapeia. Deutungsgehalte des Obszönen im ›Nonnenturnier‹ und seinen europäischen Motivverwandten

2002; De Gruyter; Volume: 124; Issue: 2 Linguagem: Alemão

10.1515/bgsl.2002.261

ISSN

1865-9373

Autores

Gerd Dicke,

Resumo

Bei seiner Unterteilung des Märencorpus hat Hanns Fischer den sechsten der zwölf Themenkreise »mangels einer besseren Bezeichnung« ›Priapeia‹ genannt: »Gemeinsames Kennzeichen der wenigen hierher gehörigen Erzählungen ist die zentrale, manchmal sogar personhafte Rolle, die dem Genitale zugewiesen wird«. Der Terminus ist nicht weiter problematisch, hält man sich bewußt, daß die so bezeichneten Mären in keinerlei Traditionsbezug zum antiken Fruchtbarkeitsdämon Priapos oder den römischen ›Carmina priapea‹ stehen, die seinen Namen zum Begriff werden ließen. Was für Fischer den thematisch-stofflichen, machte für Ziegeler den motivlichen Zusammenhalt dieser Mären-Priapeia aus: das oft »in Verbindung mit dem Naivitätsmotiv« gestaltete »Motiv der Trennung von (meist männlichem) Genitale und übrigem Körper«. Ihren Kulminationspunkt erreicht diese Motivtradition im ›Nonnenturnier‹ (FB 93; ed. FM 3), einem nicht weit vor 1430 entstandenen anonymen Märe, das zum Sammelbecken grotesk übersteigerter priapeischer Motive wurde.

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