Die Deutsche Ophthalmologische Gesellschaft (DOG) im Nationalsozialismus
2006; Thieme Medical Publishers (Germany); Volume: 223; Issue: 11 Linguagem: Alemão
10.1055/s-2006-926888
ISSN1439-3999
Autores Tópico(s)Historical Psychiatry and Medical Practices
ResumoDie Geschichte der DOG in der NS-Zeit ist bisher, 61 Jahre nach dem Ende der Hitler-Diktatur, noch nicht systematisch untersucht worden. Nach Auswertung verschiedener Quellen, hierbei insbesondere der DOG-Berichtsbände von 1934, 1936, 1938 und 1940, lässt sich das folgende Bild nachzeichnen. 1. Die Machtergreifung Hitlers wurde von der großen Mehrheit der DOG-Mitglieder begrüßt. 2. Durch eine Satzungsänderung wurde der DOG-Vorstand der Kontrolle des Reichsinnenministeriums unterstellt. Die DOG entging dadurch der „Gleichschaltung” und blieb relativ selbstständig. 3. Von den Inhabern ophthalmologischer Lehrstühle im Reichsgebiet, welche die Meinungsführerschaft innerhalb der DOG innehatten, gehörten etwa 40 % der NSDAP an. Die allermeisten von ihnen traten der Partei erst 1933 oder später bei. 4. Bis zur letzten Tagung 1940 in Dresden entfaltete die DOG noch relativ rege Aktivitäten, welche danach aber offenbar fast vollständig zum Erliegen kamen. 5. Das „Gesetz zur Verhütung erbkranken Nachwuchses” vom 1.1.1934 wurde von der DOG intensiv diskutiert. Prominente Ophthalmologen und DOG-Mitglieder waren für (Zwangs-)Sterilisationen mit verantwortlich. Einen offiziellen Einfluss auf die Sterilisationspraxis nahm die DOG soweit bekannt aber nicht. 6. Zwischen 1932 und 1940 verlor die DOG etwa 12 % ihrer Mitglieder. Hierbei handelte es sich vor allem um ausländische und um inländische, jüdische Augenärzte. Der Austritt erfolgte, wie Walther Löhlein es nach dem Kriege formulierte, „freiwillig”, dürfte aber ganz wesentlich durch das Gefühl, in der DOG unerwünscht zu sein, motiviert gewesen sein. Der Nationalsozialismus hatte zum Teil gravierende Auswirkungen auf die Augenheilkunde. Mögen einzelne DOG-Mitglieder hieran beteiligt gewesen sein, so war die DOG als Organisation nach den bisherigen Erkenntnissen aber nicht in die Exzesse involviert. Angesichts des Umstandes, dass mehr als 10 % der Mitglieder aus der Prä-NS-Zeit es vorzogen, ihre wissenschaftliche Vereinigung zu verlassen, bleibt es allerdings Interpretationssache, ob die DOG von 1933 bis 1945 gänzlich „schuldlos” geblieben ist.
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