Ett tyrolerskåp på Skokloster
1975; Taylor & Francis; Volume: 44; Issue: 1-2 Linguagem: Alemão
10.1080/00233607508603853
ISSN1651-2294
Autores Tópico(s)Historical Influence and Diplomacy
ResumoZusammenfassung Ein Tiroler Schrank auf Shokloster Der berühmte Wrangelschrank im Landesmuseum in Münster hat seinen Namen der Tatsache zu verdanken, dass er, einer allem Anschein nach richtigen Überlieferung zufolge, dem schwedischen Feldmarschall Graf Carl Gustaf Wrangel gehört haben soll, der in den Jahren 1646–48 Oberbefehlshaber der schwedischen Streitkräfte in Deutschland war. Wie der Schrank, der von 1566 datiert, in seinen Besitz gelangt war, ist nicht mehr festzustellen, aber sein späteres Schicksal lässt sich mit einiger Sicherheit verfolgen. Wrangel starb 1676 auf dem auf Rügen gelegenen Schloss Spyker, das ihm verliehen wurde, nachdem er 1648 zum Generalgouverneur in Pommern ernannt worden war. Nach Wrangeis Tod kam Spyker durch seine Tochter Eleonora Sofia in den Besitz ihres Gemahls, Oberst Ernst Ludwig Putbus, Freiherr zu Falkenhagen. Als dieser im Jahre 1702 kinderlos verstarb, erbte Abraham Brahe, der Enkel Wrangeis, das Schloss. Bis 1817 sollte es das Eigentum der Familie Brahe verbleiben, als Graf Magnus Fredrik Brahe es an den Fürsten Malte Putbus verkaufte, einen Angehörigen desselben Geschlechtes, zu dem auch Wrangeis Schwiegersohn gehört hatte. Der Wrangelschrank hat wahrscheinlich während dieser ganzen Zeit auf Spyker gestanden, von wo aus er im 19. Jahrhundert auf das Schloss Putbus, das Stammgut der neuen Eigentümerfamilie, kam, um dann 1950 vom Landesmuseum in Münster erstanden zu werden. In ihrem Buch "Der Wrangelschrank und die verwandten süddeutschen Intarsienmöbel des 16. Jahrhunderts” (Berlin 1956) hat Lieselotte Möller den Wrangelschrank und alle ähnlichen ihr bekannten Intarsienschränke der Spätrenaissance eingehend behandelt. Sie zeigt, dass diese Kabinettschränke in Bayern oder Tirol hergestellt worden sind; der Wrangelschrank ist—ihrer Meinung nach ‐ in Augsburg entstanden. Dafür liegen jedoch keine überzeugenden Beweise vor, und eine Autorität wie Heinrich Kreisel betrachtet nur mit Skepsis die Möglichkeit einer sicheren Provenienzbestimmung mit Hilfe des verfügbaren Materials. Sowohl Bayern und Schwaben als auch Tirol könnten hier in Frage kommen. Lieselotte Möller schreibt in ihrem Buch, dass sie bei dem damaligen Fideikommissar von Skokloster (das Schloss gehört seit 1967 dem schwedischen Staate) angefragt habe, ob sich nicht ein Schrank dieses Typus im Schlosse befinde, was jedoch negativ beantwortet worden sei. Diese Frage Lieselotte Möllers ist naheliegend. Skokloster am Mälarsee wurde ab 1654 von Carl Gustaf Wrangel erbaut. Wrangel war ein leidenschaftlicher Sammler von Waffen, Büchern, Gemälden, Möbeln und jeglichen Kunstgegenständen, die er hauptsächlich auf Skokloster anhäufte, wo seine Sammlungen zum grossen Teil noch erhalten sind. Da der hervorragendste Exponent des hier behandelten Möbeltypus of‐fensichtlich Wrangel gehört hat, kann man sich fragen, ob nicht weitere Exemplare dieser süddeutschen oder Tiroler Intarsienschränke während der Feldzüge in Deutschland in Wrangels Hände geraten sind. Nun existiert tatsächlich auch auf Skokloster ein solcher Schrank, der alle Charakteristika dieses Möbeltypus zeigt. Er hat die übliche rechteckige Kastenform und ist mit einer herausklappbaren Schreibplatte vor dem mit Fächern und Schubkästen eingerichteten Schrankkörper versehen. Er besteht aus mehreren verschiedenen Hölzern. Der Möbelkern ist hauptsächlich Fichte mit einigen Teilen aus Eiche. Die undekorierten Felder der Aussenwände und der Oberseite wie auch der Grund des äusseren Schreibklappendekors sind mit ungarischer Esche furniert. Die Intarsien auf den Schubladenfassaden sind zusammengefügt aus ungarischer Esche und Eschenwurzel, Pappel, Ahorn, Linde, Kirsche, Pflaume, Birne, Zeder u.a. Hölzern. Um Marmor vorzutäuschen, wurde an einigen Stellen grüngebeiztes Maserholz verwendet. Grüne Beize ist hier die einzige künstliche Färbung, jedoch machen die Intarsien durch die Vielfalt der Hölzer einen farbenprächtigen Eindruck. Manche Teile sind durch Brennen in erhitztem Sand angedunkelt, um die Illusion von Schatten hervorzurufen. Sämtliche Fronten der Schubladen und Fachtüren zeigen die für das Genre besonderen Motive mit Ruinenlandschaften mit perspektivisch geformten Rollwerkkörpern. Im Vordergrund der Bilder erscheint ein gewellter Boden mit spärlichen Grasbüscheln. Auf dem Boden liegen Säulentrommeln und Säulenbasen, wie auch unregelmässige Steinblöcke mit weichgerundeten Konturen. Vor den Ruinen, die den mittleren Teil und den Hintergrund der Bilder ausfüllen, wachsen isolierte Rollwerkkörper aus dem Erdboden empor. Die Ruinen bestehen aus Quadermauern mit Arkaden, die Durchblicke auf dahinterliegende Stadtlandschaften freigeben. Hier und da wachsen Rollwerkkörper oben aus dem Mauerwerk hervor, und an einigen Stellen sitzt solches "Walzenwerk” auf Obelisken. Zerbrochene Säulen stehen noch auf ihren Postamenten. Im Hintergrund sieht man Rundbauten, Kirchtürme oder aquäduktähnliche Gebäude. Überall auf den Mauern wachsen Grasbüschel, in der Landschaft im Hintergrund auch kleine, lanzettenförmige Bäume. Der Handwerker hat sich durch Wiederholung einiger Schubladenfelder die Herstellung wesentlich vereinfacht. Das hat allerdings auch grössere Klarheit und Balance in der Komposition ergeben. Auch die Schreibplatte hat einen für diesen Möbeltypus charakteristischen Dekor. Auf ihrer Innenseite ein längliches Mittelfeld, eingefasst von einer Kartusche mit Roll‐werkornamenten und efeuartigen Ranken mit schwellenden Blüten und Knospen und verschiedenen Früchten. Im Mittelfeld erblickt man ein Stilleben mit einem Buch, einem Blatt Papier, zwei Würfeln und mehreren Musikinstrumenten. Die Aussenseite der Schreibklappe teilt sich in zwei Felder, die beide—auf einem Grund von geflammter ungarischer Esche—einen Vogel auf einem Zweig tragen. Der Intarsiendekor des Wrangelschrankes zeigt eine sehr deutliche Vergänglichkeitssymbolik. Die später entstandenen, einfacheren Schränke sind, anders als er, wahrscheinlich kaum nach irgendwelchen Vorlagen hergestellt worden. Sie stehen in einer festen Handwerkstradition, welche die Motive der kostbareren Schränke aufgriff und vereinfachte. Hierbei machte sich eine zunehmende formale Stereotypisierung und eine Entleerung des Symbolinhaltes bemerkbar. Bei dem hier behandelten Schrank in Skokloster ist jedoch die Vergänglichkeitssymbolik durchaus noch greifbar in den Ruinenlandschaften und in dem Stilleben der Schreibklappe mit seinen zur Vanitastradition gehörenden Motiven. Es besteht ein deutlicher Zusammenhang zwischen mehreren Details im Dekor dieses Schrankes und hervorstechenden Merkmalen der Schränke, die dem Wrangelschrank folgten und welche Lieselotte Möller als Tiroler Erzeugnisse der letzten Jahrzehnte des 16. Jahrhunderts und des frühen 17. Jahrhunderts identifiziert hat. Dies gilt nicht nur von den Intarsien, sondern auch von den Beschlagstücken—Schlüsselschildern und Scharnieren—die ganz eindeutig auf Tirol weisen. Ein Schrank von etwa 1590 im Servitenkloster in Innsbruck zeigt in Form und Dekor sogar eine derartige Ähnlichkeit mit unserem Schrank, dass man vermuten kann, die beiden Stücke seien in derselben Werkstatt hergestellt. Der Überlieferung nach soll der Innsbrucker Schrank Anfang des 17. Jahrhunderts Eigentum des Klosters geworden sein, nachdem er ursprünglich der Stifterin des Klosters, Anna Katharina Gonzaga, der zweiten Gemahlin des Erzherzogs Ferdinand II. von Tirol, gehört hatte. Der Innsbrucker Hof förderte regelrecht die Intarsienkunst und sein Interesse mag die Voraussetzung für die Blüte dieses Handwerkzweiges in Tirol gewesen sein, die noch lange währte, nachdem diese Art des Möbeldekors in Deutschland unmodern geworden war. Nicht nur Grösse und Form, sondern auch der Dekor macht die Zusammengehörigkeit der beiden Schränke deutlich. Den Aussenseiten des Innsbrucker Schrankes fehlt jedoch der Intarsiendekor, und überhaupt erscheint dieser Schrank etwas weniger kostbar als der in Skokloster, der von sehr hoher Qualität ist. Allerdings kann er sich nicht mit dem Wrangelschrank messen, der einen Höhepunkt der deutschen Möbelkunst darstellt. Den Schrank in Skokloster kann man auf etwa 1590 datieren, ebenso wie auch den Schrank des Servitenklosters und genau wie dieser ist er mit grösster Wahrscheinlichkeit einer Innsbrucker Werkstatt entsprungen. Vor 1845 kann der Tiroler Schrank auf Skokloster nicht mit Sicherheit in den Inventaren des Schlosses belegt werden. Alles spricht jedoch dafür, dass schon Carl Gustaf Wrangel ihn besessen hat, und die Möglichkeit ist nicht von der Hand zu weisen, dass mit einer Eintragung im Inventar des Jahres 1672, die "1 alten bunden Schrank” nennt, unser Schrank gemeint ist. Wenn er tatsächlich Wrangel gehört hat, kann man annehmen, dass er während der Feldzüge, die der Feldmarschall 1646–48 zusammen mit Turenne in Süddeutschland unternahm, in seine Hände geriet.
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