Der Druck steigt …︁
2006; Wiley; Volume: 118; Issue: 31 Linguagem: Alemão
10.1002/ange.200602672
ISSN1521-3757
Autores Tópico(s)Physics and Engineering Research Articles
Resumo…︁ bei Autoren: Wissenschaftler müssen immer mehr Artikel in “High-Impact-Journalen” publizieren, um den Erfolg der eigenen Forschungsanträge zu sichern, um ihre Fakultät in “Exzellenzclustern” zu platzieren oder um ihre Universität zur “Elite-Universität” zu machen. Die Begriffe entstammen der derzeitigen Diskussion in Deutschland, das Phänomen existiert aber weltweit – und in manchen Ländern wird noch eins draufgesetzt: Autoren erhalten direkt Geld, wenn sie ein Manuskript in einer Top-Zeitschrift publiziert haben. Nur zu leicht wird dabei vergessen, auf die Qualität der einzelnen Publikation zu schauen: Wenn etwas in der richtigen Zeitschrift steht, reicht es für viele schon für's “Evaluieren”. …︁ bei Gutachtern: Immer mehr Artikel einerseits und Anträge, z. B. für Exzellenzcluster und Elite-Universitäten, andererseits müssen begutachtet werden – und diese Anträge müssen natürlich erst einmal geschrieben werden. In letzter Zeit bekommen wir explizit Absagen von Gutachtern mit der Begründung, sie müssten ihren “Exzellenzantrag” etc. vorbereiten! Es besteht die Gefahr, dass gerade die Besten immer weniger zur Begutachtung von Manuskripten zur Verfügung stehen, die ja eine ganz wichtige Basis aller Sekundärevaluationen sind. Die Gutachter der Angewandten Chemie sind international gut verteilt (siehe Abbildung 1); zwei Auffälligkeiten gibt es dennoch: 1. Die deutsche “Heimatbasis” ist stärker vertreten, als die internationale Autorenschaft erwarten lässt. 2. Nur gut 1 % der Gutachter stammt aus China, obwohl ca. 20 % der Manuskripte von dort kommen. Wir werden deshalb ab sofort auch mehr Gutachter aus China nutzen. Die Begutachtung ist insgesamt erfreulich schnell, sie dauert im Durchschnitt (!) nur 13 Tage. Dies ist beeindruckend, vor allem wenn man bedenkt, dass sich die Gutachter mit Manuskripten der Angewandten Chemie (und anderer Top-Zeitschriften) besonders viel Mühe geben – was nicht bedeutet, dass nicht auch bei uns von Gutachtern und Redakteuren einmal gravierende Mängel in Manuskripten übersehen werden. Corrigenda und Korrespondenzen sowie im schlimmsten Fall das Zurückziehen ganzer Manuskripte finden sich hin und wieder auch in der Angewandten Chemie! Herkunft der Gutachten der Angewandten Chemie 2005. …︁ bei Redaktionen: Der Zwang, in High-Impact-Journalen zu publizieren, hat bei der Angewandten Chemie den Zuschrifteneingang in den letzten Jahren rapide ansteigen lassen (Abbildung 2), wobei das Wachstum keineswegs auf einzelne Länder oder Regionen begrenzt ist. Herkunft der Zuschriften nach Regionen seit 1995. Für 2006 sind die Werte auf der Basis des ersten Halbjahres hochgerechnet. Anstieg: Ist unter diesen Umständen der neuerliche Anstieg des Impact-Faktors (auf 9.596) und des Immediacy-Indexes (auf 2.109) ein Segen oder eher ein Fluch? Die Entwicklung dieser Kennzahlen zeigen die Abbildungen 3 und 4. “Der Impact-Faktor der Angewandten Chemie ist nur dank der Übersichtsartikel so hoch” ist ein häufig gehörtes Argument. Dass dem nicht so ist, zeigt eine Betrachtung der entsprechenden Zeitschriften der American Chemical Society (ACS) und der Royal Society of Chemistry (RSC): Man kann problemlos die Impact-Faktoren virtueller Zeitschriften berechnen, die ein sehr ähnliches Profil wie die Angewandte Chemie haben (siehe Tabelle 1). In Anbetracht dieser Zahlen darf man annehmen, dass die Angewandte Chemie auch ohne Aufsätze wohl immer noch einen Impact-Faktor von ca. 9 hätte. Entwicklung der Impact-Faktoren (ermittelt vom Institute of Scientific Information, Philadelphia, USA) von Angew. Chem., J. Am. Chem. Soc. und Chem. Commun. von 1984 bis 2005. Der Immediacy-Index von Angew. Chem., J. Am. Chem. Soc. und Chem. Commun. 2003–2005 im Vergleich. Zahl der Zitate 2003/2004 Zahl der Artikel 2003/2004 Impact-Faktor J. Am. Chem. Soc. 45 707 6161 7.419 Chem. Rev. 7033 337 20.869 Acc. Chem. Res. 2694 205 13.141 J. Am. Chem. Soc.+Chem. Rev. 52 740 6498 8.116 J. Am. Chem. Soc.+Acc. Chem. Res. 48 401 6366 7.603 Chem. Commun. 11 907 2690 4.426 Chem. Soc. Rev. 1306 95 13.747 Chem. Commun.+Chem. Soc. Rev. 13 213 2785 4.744 Angew. Chem.[a] 22 004 2293 9.596 Druckregulierung: Die Ablehnungsquote stieg von 68 % im Vorjahr auf 70 % in den ersten vier Monaten 2006, ca. 10 % mehr Zuschriften wurden in den ersten sechs Monaten publiziert, und wir bitten Autoren vermehrt, ihre Manuskripte zu kürzen und die Möglichkeit zu nutzen, Details als Hintergrundinformation zu präsentieren, die nur elektronisch publiziert wird. Ganz wichtig ist auch der leichte Transfer von Manuskripten, die als zu speziell oder als viel zu lang für die Angewandte Chemie erachtet werden, zu den Schwesterzeitschriften, die sich an ein fachlich spezifischeres Publikum wenden und/oder vollständige Originalveröffentlichungen publizieren und ebenfalls sehr angesehen sind. Abrieb: Wo der Druck steigt, scheinen mitunter unlautere Mittel der letzte Ausweg: Einseitiges Zitieren, Mehrfachpublikation derselben Arbeit, Plagiate bis hin zum Komplettschwindel – alles hat man schon gesehen! Aber “wo Gefahr ist, wächst das Rettende auch”: Nachdem die ACS schon seit vielen Jahren “Ethical Guidelines to Publication of Chemical Research” hat (siehe http://pubs.acs.org/instruct/ethic.html), hat nun auch die European Association for Chemical and Molecular Sciences (EuCheMS) “Ethical Guidelines for Publication in Journals and Reviews” herausgegeben (siehe www.euchems.org). Jeder Redakteur der Angewandten Chemie und ihrer Schwesterzeitschriften hat sie auf seinem Tisch – schließlich beginnen sie mit Richtlinien für Redakteure! Zu deren Aufgaben gehört allerdings nicht, bei Verfehlungen von Autoren diesen “eine Abreibung zu verpassen”, wie mir kürzlich ein Gutachter schrieb, der eine vermeintliche Missetat eines Autors gerügt haben wollte. Auftrieb: Die EuCheMS veranstaltet vom 27. bis zum 31. August in Budapest den ersten europäischen Chemiekongress (siehe Anzeige nach dem Inhaltsverzeichnis dieses Heftes sowie www.euchems-budapest2006.hu). Das federführend von Jean-Marie Lehn und Peter Kündig zusammengestellte Programm lässt eine tolle Tagung erwarten, die der europäischen Chemieszene sicherlich einen enormen Auftrieb geben wird. Höhepunkte werden die Vorträge einiger Nobelpreisträger sein (P. J. Crutzen, J.-M. Lehn, G. A. Olah, K. Wüthrich, A. H. Zewail); ferner wird die EuCheMS Lecture gehalten (D. Seebach), und es wird zum ersten Mal der “European Young Chemists Award” verliehen. Für die Angewandte Chemie ist besonders erfreulich, dass ihr Kuratoriumsvorsitzender, François Diederich (Abbildung 5), dort von der Gesellschaft Deutscher Chemiker die August-Wilhelm-von-Hofmann-Denkmünze erhält. Das vorliegende Heft wird in Budapest verteilt werden, und da ist es passend, dass es einen Essay von Jürgen Hambrecht enthält, in dem die Herausforderungen beleuchtet werden, die heute jungen Chemiker(inne)n beim Eintritt in die Industrie begegnen – in einer Welt, in der selbst eine europäische Perspektive viel zu eng ist. Jürgen Hambrecht ist als Vorstandsvorsitzender der BASF (und Chemiker) prädestiniert wie kein anderer, Position zu dieser Frage zu beziehen. François Diederich erhält die August-Wilhelm-von-Hofmann-Medaille beim ersten europäischen Chemiekongress in Budapest. Antrieb: Mit dem “1st European Chemistry Congress”1 ist Europa ein Spätzünder. Amerika hat seit langem die hervorragenden, alle halbe Jahre stattfindenden ACS Meetings sowie alle fünf Jahre einen American Chemical Congress, Asien hat 2005 in Seoul schon den 11. Asian Chemical Congress (ACC) veranstaltet, der 12. ACC findet im September 2007 in Kuala Lumpur statt. Dann wird Chemistry—An Asian Journal schon ein Jahr alt sein, denn das erste Heft ist vor kurzem erschienen! Es hat sicherlich die Erwartungen aller an der Gründung beteiligten wissenschaftlichen Gesellschaften und Personen übertroffen. Gemäß dem Anspruch, eine internationale Top-Zeitschrift für Full Papers und Focus Reviews aus allen Gebieten der Chemie zu publizieren, kommen bisher gut 60 % der akzeptierten Manuskripte aus Asien und je ca. 20 % aus Amerika und Europa. Institutionelle Bezieher der Angewandten Chemie erhalten dieses und nächstes Jahr Chemistry—An Asian Journal im Rahmen ihres Abonnements (elektronisch und gedruckt); dies ermöglicht die sorgfältige Prüfung der Zeitschrift für Leser und Bibliothekare, und Autoren garantiert es prinzipiell eine ebenso große Leserschaft wie bei der Angewandten Chemie selbst. Der Druck ist groß, Chemistry—An Asian Journal1 zum Erfolg zu führen. Die Zeichen stehen gut, und vielleicht hilft es sogar ein wenig, den Druck an anderer Stelle etwas zu verringern. 1 Peter Gölitz PS: Noch eine gute Nachricht in letzter Minute: ChemMedChem wird rückwirkend ab dem ersten Heft in MEDLINE/PubMed geführt, was für eine Zeitschrift an der Schnittstelle von Chemie, Biologie und Medizin natürlich essenziell ist und ihr weiteren Auftrieb geben wird. In den ChemMedChem-Heften 7 und 8 finden Sie übrigens die Nobel-Aufsätze von J. R. Warren bzw. B. J. Marshall, in denen sie äußerst spannend ihre Entdeckung der Helicobacter pylori beschreiben. Die natürlich nicht minder interessanten Nobel-Aufsätze von Y. Chauvin, R. H. Grubbs und R. R. Schrock finden Sie in Heft 23 der Angewandten Chemie.
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