Wie der Aufstieg des gelehrten Rechts im Mittelalter den wirtschaftlichen Aufstieg Europas beförderte. Eine empirische Untersuchung (The Rise of Learned Law in Medieval Europe and Its Impact on Economic Growth)

2014; RELX Group (Netherlands); Linguagem: Alemão

ISSN

1556-5068

Autores

Hans‐Bernd Schäfer, Alexander J. Wulf,

Tópico(s)

Historical Economic and Legal Thought

Resumo

German Abstract: Zwischen 1200 und 1600 setzte sich die wirtschaftliche Entwicklung in Westeuropa von der in allen anderen Weltregionen ab. Gegen Ende dieser Periode lag das Pro-Kopf-Einkommensniveau deutlich hoher als irgendwo sonst auf der Welt. Wir bringen diese einzigartige Entwicklung in Verbindung mit der Rezeption des romischen Rechts, dem Aufstieg des Kirchenrechts und der Entwicklung der Rechtswissenschaft als methodisch geleiteter akademischer Disziplin, die an Universitaten gelehrt wurde. Wir testen zwei konkurrierende Hypothesen uber den Einfluss dieser Entwicklung auf das wirtschaftliche Wachstum im mittelalterlichen Europa. Der ersten These zufolge war die Ausbreitung des materiellen romischen Rechts dem Aufschwung des Handels und dem okonomischen Wachstum forderlich. Nach der zweiten und konkurrierenden These war das Wachstum keine Folge der Rezeption romisch rechtlicher Normen, sondern vielmehr der rationalen, wissenschaftlichen und systemischen Eigenschaften des romischen und des Kirchenrechts sowie der Ausbildung von Juristen an den neu gegrundeten Universitaten (Verwissenschaftlichung). Das verlieh dem Recht eine ganz Westeuropa durchwirkende innovative Flexibilitat, die auch das Handelsrecht (lex mercatoria) und das uberkommene Gewohnheitsrecht beeinflusste. Unter Verwendung von Daten uber die Einwohnerzahl in mehr als 200 europaischen Stadten, die wir als groben Indikator fur die Entwicklung der Pro Kopf Einkommens verwenden, stellen wir fest, dass nicht in erster Linie die Rezeption romischen Rechts in einer Region entscheidend war. Vielmehr war es die Zunahme juristischer Fakultaten an den Universitaten und das Entstehen einer rechtswissenschaftlichen Methodik durch Glossatoren und Kommentatoren und ihre Interpretation und Systematisierung der Quellen des romischen Rechts (Corpus Juris Civilis, Digesten) und des kanonischen Rechts. Die neu entstandene Fahigkeit, allgemeine normative Schlusse aus diesen Quellen zu ziehen, fuhrte zu Abstraktion, Methodologie und dem Aufstieg des gelehrten Rechts als akademischer Disziplin. Wo immer in Europa Rechtsfakultaten eingerichtet wurden, erlernten Juristen neue, bisher unbekannte Fahigkeiten und Fertigkeiten, die forderlich fur Handel und Gewerbe waren. Dies galt in allen Regionen, wo das neue Recht gelehrt wurde unabhangig davon, ob und in welchem Umfang in der Region das romische Recht sich durchsetzte.English Abstract: Between the years 1200 and 1600 economic development in Catholic Europe gained momentum. By the end of this period per capita income levels were well above the income levels in all other regions of the world. We relate this unique development to the resurrection of Roman law, the rise of Canon law and the establishment of law as a scholarly and scientific discipline taught in universities. We test two competing hypotheses on the impact of these processes on economic growth in medieval Europe. The first conjecture is that the spread of substantive Roman law was conducive to the rise of commerce and economic growth. The second and competing conjecture is that growth occurred not as a result of the reception of substantive Roman law but rather because of the rational, scientific and systemic features of Roman and Canon law and the training of jurists in the newly established universities (Verwissenschaftlichung). This gave the law throughout Europe an innovative flexibility, which also influenced merchant law (lex mercatoria), and customary law. Using data on the population of more than 200 European cities as a proxy for per capita income we find that an important impact for economic development was not primarily the content of Roman law, but the rise of law faculties in universities and the emergence of a legal method developed by glossators and commentators in their interpretation and systematization of the sources of Roman law (Corpus Juris Civilis, Digests) and Canon law. The endeavor to extract general normative conclusions from these sources led to abstraction, methodology, and the rise of law as a scholarly discipline. Wherever law faculties were founded anywhere in Europe jurists learned new legal concepts and skills which were unknown before and conducive for doing business.

Referência(s)