EXISTEREN IN OVERGAVE

1958; Taylor & Francis; Volume: 19; Issue: 3 Linguagem: Alemão

10.1080/00062278.1958.10596374

ISSN

1783-1377

Autores

MARCEL D'HERTEFELT,

Resumo

Click to increase image sizeClick to decrease image size ZUSAMMENFASSUNG Der Begriff „theologische Thematik”, angewendet auf le Forts Roman, bedeutet nicht die blosse Gegebenheit religiöser Erlebnisse (am allerwenigsten die der Schriftstellerin selbst), sondern schliesst die Bedingung ein, dass jener Roman die Einmaligkeit der Fabel ins Allgemeingültige steigert. Für den Beweis jener Stellung, der in dem beschränkten Rahmen dieses Aufsatzes nicht umständlich erbracht werden konnte, weist der V. auf seine Lizenzarbeit (Löwen, 1956) hin. Die grossen Problemkerne, welche sich der These gemäss aus der Analyse des Römischen Brunnens ergeben, sind: 1. die Dichtung le Forts bringt die Problematik einer Konversion auf die einfachste Formel zurück: den Gegensatz zwischen „christlich” und „heidnisch”, der das einzige Entweder-Oder der menschlichen Existenz wesentlich besagt; 2. die zwei Welten, die christliche und die heidnische, sind nicht gleichberechtigt, wie friedlich sie auch koexistieren mögen: von der Existenz her wird der angeblich autonome Naturalismus seines eigengerechten Wahns entkleidet und seine religiöse Erlösungsbedürftigkeit suggeriert; 3. „christlich” und „heidnisch” gelten nicht nur als statische Klassifikationsmöglichkeit, sondern spielen besonders in der innersten Dialektik des Christwerdens und -seins mit, da christliche Existenz sich fortwährend als Ja oder Nein gegen die völlige Hingabe an Gott erweist; 4. die Antwort des Menschen an Gott gestaltet sich in einer doppelten Situation: einerseits in einem kulturell, materiell, biologisch und psychologisch bedingten Dasein (Theologoumenon der potentia oboedientialis); andererseits in einem katholisch-kirchlichen Raum. Die Frage des vorliegenden Aufsatzes lautet: Wenn auch die erwähnte Problematik unmittelbar an die katholische Theologie anklingt, wie erklärt sich jedoch ihr spezifisches Gepräge? Woher vor allem die starke Betonung der unter. 2. und 3. verzeichneten Themen? Le Fort selbst hat den Forscher auf Troeltsch, ihren Professor der Dogmatik, hingewiesen. Im Jahre ihres Uebertritts zum Katholizismus (1925) gab sie ausserdem die protestantische Glaubenslehre ihres verstorbenen Lehrers heraus. Gab es Zwiespalt in ihrem Herzen oder wollte le Fort vielmehr auf der Schwelle ihres neuen Lebens feierlich einen religiösen Kerngedanken Troeltschs übernehmen? Wie verhält sich dann Der Römische Brunnen (1927/28) zu dem Troeltsch'sehen Erbe? Der V. bestimmt zunächst das allgemeine religionsphilosophische Klima der Troeltsch'schen Ideenwelt. Die ernste Auseinandersetzung mit zeitgenössischen Fragen, der Kampf gegen den relativisierenden Rationalismus sind zwar Züge, die sich auch bei le Fort bekunden, die aber an sich noch keineswegs auf ein gemeinsames christliches Ethos schliessen lassen. Vor allem der kantisch-transzendentale Idealismus der Troeltsch'schen Religionsphilosophie würde einer solchen Schlussfolgerung widerstreben. Jedoch, an dieser Stelle darf die Untersuchnung nicht eingestellt werden. Denn neben dem liberal-protestantischen Religionsphilosophen gibt es in Troeltsch den Christen und den Theologen der Glaubenslehre. In dessen beseeltem Wort fand le Fort nicht nur das Ethos, das ihrem Roman zugrunde liegt, sondern auch eine Reihe bedeutender Implikationen. Der Theologe vermittelte der Dichterin eine spezifisch ausgeprägte Problematik: anthropologisch-theologisches Interesse, Idee einer aus dem Zeitgeist heraufwachsende Bedrohung des Menschen (durch den Pantheismus bei Troeltsch, durch die moderne Zerrissenheit bei le Fort), Betonung der personalistischen Stellung des Menschen vor Gott als Gegenschlag zu dem vorhergehenden Thema, völlige Hingabe an Gott, Priorität der Hingabe vor aller nicht wahrhaft christlichen Praxis, Sichfinden des Menschen in der Hingabe, Kampf nicht nur gegen den heidnischen Naturalismus sondern vor allem gegen alles, was sich im christlichen Subjekt mit halben Zahlungen abfinden will, Naturalismus als Wahn der Eigengerechtigkeit, relative Entwertung der reinen Humanität, mystische Einheit von Liebe und Leid in der Begegnung mit Gott. Was Troeltsch seiner Schülerin in bezug auf die potentia oboedientialis zu vermitteln hatte, ist weniger deutlich. Jedenfalls soll klar herausgestellt werden, dass Troeltsch immer versucht hat, die von den Reformatoren geschaffene Kluft zwischen Natur und Gnade zu überbrücken und in der Natur eine (freilich schwer zu deutende) Anlage zum Uebernatürlichen aufzuzeigen. Und dies ist ohne Zweifel für le Fort wichtig gewesen. Was den Römischen Brunnen von der Glaubenslehre trennt, ist, ausser der literarischen Form, 1. die Verlagerung des Blickes vom Subjektiv-Psychologischen ins Objektiv-Theologische und Seiende und 2. die volle Einbeziehung des Katholisch-Ekklesialen in die Gedanken- und Formwelt. Der Einfluss Troeltschs auf le Fort liegt tiefer als die konfessionnelle Trennung vermuten lässt und man bisher geglaubt hat; er wurzelt in einem gemeinsamen christlichen Ethos der Hingabe.

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