ZONDE DER WERELD EN ERFZONDE
1963; Taylor & Francis; Volume: 24; Issue: 4 Linguagem: Alemão
10.1080/00062278.1963.10596835
ISSN1783-1377
Autores Tópico(s)Theology and Philosophy of Evil
ResumoZUSAMMENFASSUNG Schon an sich lohnt es sich, unter dem biblischen Stichwort “Sünde der Welt” die soziale Struktur der Sünde zu untersuchen. Uberdies kann diese Sünde der Welt in ihrer Beziehung zur Erbsünde studiert werden und das kann dazu beitragen, dasz in letzterer der spezifisch geschichtliche Charakter hervorgehoben wird, der vergessen zu werden droht, wenn man nicht nur die Folgen der Erbsünde sondern auch diese selbst zu unserem Aufgenommensein in der Evolution reduziert. I. Sünde der Welf. Wenn man einerseits die Verbundenheit in der Sünde, welche die hl, Schrift Familien, Stämmen, Völkern und sogar der “Welt” zuschreibt, als eine Realität anerkennt, anderseits aber nicht annimmt, dasz die Schuld von der einen Person auf die andere übergeht (was ja gegen die ebenso biblische These der persönlichen Verantwortung eines jeden vor Gott ist), dann bleibt nur übrig, dasz man in der kollektiven Sünde selbst zwei Elemente unterscheidet: die sündigen Taten und Haltungen, welche aus der Person selber hervorgehen, und das Situiertsein der Person durch die sündigen Taten anderer. Dieses Situiertsein ist eine der Person anhaftende Seinsweise, welche ihn innerlich bestimmt, namentlich in Bezug auf den Spielraum seiner Freiheit.Die Taten, welche zur Sünde der Welt gehören, sind Übertretungen des göttlichen Gesetzes, aber zugleich Verweigerungen des Gnadenbundes mit Gott. Dieses letzte ist das tiefste Wesen der Sünde und tritt beim Fortschreiten der Heilsgeschichte immer mehr in Erscheinung. Am meisten zeigt es sich in der Verwerfung Christi selbst, der ja der Mittler und die Quelle aller Gnade ist. Diese Verwerfung verkörpert sich im Töten des Herrn, d.h. im Wegschaffen aus unserer irdischen Existenz. Dieses Geschehen versetzt die Welt, wenigstens in erster Instanz, notwendigerweise in eine Lage schlechthinniger Gnadenlosheit.Das Situiertsein durch die sündigen Taten anderer kann dargestellt werden, indem wir ausgehen vom Einflusz des schlechten Beispiels. Durch dieses wird eine Stütze und ein Appell zum Guten vorenthalten, und wird zugleich eine Norm und ein Wert verfinstert. Dieser Einflusz wird umso verhängnisvoller sein, als der, dem das schlechte Beispiel gegeben wird, der Unterstützung und der Aufklärung, kurz der Erziehung, bedürftig ist. Wenn es wirklich ein Milieu gibt, worin eine bestimmte Tugen, z.B. Ehrlichkeit, einfach nicht geübt wird, dann wird es dem Kinde, das in einem solchen Milieu zur Welt kommt, an jedem guten Einflusz mangeln und es wird einem immerwährenden schlechten Einflusz ausgesetzt sein (es sei denn, dasz das Kind dem Milieu entzogen und in ein anderes übergeführt wird). Ein solches Kind wird unehrlich handeln (übrigens ohne formelle Schuld) und es kann nicht ehrlich handeln, da seine Freiheit zum Bereiche der Ehrlichkeit, deren Kenntnis ihm nicht übertragen ist und deren Wert nicht an ihn apelliert, keinen Zugang hat. Ein solches Kind ist gefangen in der existentialen (nicht nur existentiellen) Situation einer zwar moralischen (nicht physischen, denn es hat die zum Handeln befähigenden Anlagen), aber zugleich absoluten Unfähigkeit bezüglich dieser bestimmten Tugend.Bis jetzt ist das Situiertsein durch die Sünden anderer dargestellt insoweit die Sünde das Übertreten eines Gebotes, das Verletzen einer Tugend ist. Aber auch als Verweigerung von Gottes Gnadenbund verursacht die Sünde eine derartige Situation. Die Menschheit ist als eine Gemeinschaft von Gott in Christo begnadet und jeder Mensch hat für seine Mitmenschen darin eine vermittelnde Rolle, wie immer diese weiterhin auch genau verstanden werden musz. Deshalb hat die Sünde einen gnadeberaubenden Einflusz nicht nur auf den Sünder selbst, sondern auch auf andere. Auch bezüglich der Gnade kann der Mensch nicht nur einer existentiellen, sondern auch einer existentialen Situation unterworfen sein: ein Kind kann zur Welt kommen in einem Milieu, worin die Gnade auf keine Weise mehr anwesend ist und vermittelt wird. Gerade ein solches Milieu ist die irdische Menschheit geworden durch die Tatsache, dasz Christus, der Mittler und die Quelle aller Gnade, aus ihr ausgestoszen ist. Diese Tatsache (welche nur durch eine andere überwunden wird, nämlich dadurch, dasz Christus auf eine neue Weise, als der Auferstandene, zu uns kommt) versetzt die Menschheit als Ganzes in eine Situation des Gnadenverlustes, in welcher auch ein jeder zur Welt kommt. Die Abwesenheit der Gnade bringt ein Unvermögen zur übernatürlichen (und natürlichen) Liebe, mit sich und somit zur Integration unserer Triebe in der Liebe (und das ist die Konkupiszenz). Dadurch ist die Ambivalenz der uns umgebenden Welt zur Verführung zum Bösen geworden und kann das Sterben nicht mehr verschlungen werden im überwindenden Aufstieg zum “Gott alles in allen”; es wird zu einem Scheiden, zu einem Auszug aus der Heimat, denn Christus begegnet uns nur jenseits der Todeslinie (was er übrigens schon in unserem Erdenleben tut durch die Taufe).II. Die Erbsünde. In welchem Verhältnis steht nun die oben beschriebene Sünde der Welt zu dem, was uns Schrift und Überlieferung bezüglich des Sündenfalls und der uns anhaftenden Erbsünde lehren? Die Lehre von der Erbsünde ist implizite in der Schrift enthalten und wurde van den Synoden von Karthago und Orange explizitiert. Das Konzil van Trient hat in seiner 5. Sitzung deren Aussagen mit einigen Präzisierungen aufgenommen, und diesen somit die Autorität eines allgemeinen Konzils gegeben. Es ist also wichtig, die Erbsündelehre des Tridentinums aufzuzeigen und sie mit der oben dargestellten Theorie der Weltsünde zu vergleichen.Nicht nur die Schrift, sondern auch die Dokumente der Tradition und ebensogut die Aussagen der Konzilien bedürfen einer immer neuen Interpretation, denn sie sagen die Offenbarung Gottes aus in Verknüpfung mit menschlichen Vorstellungen und Voraussetzungen, welche nicht zum Wesen dieser Offenbarung gehören und deshalb nicht mit göttlicher Autorität zu glauben vorgelegt werden. Interpretiert man die Erbsündelehre des Tridentinums nach diesem Grundsatz, dann kann sie in den folgenden Punkten dargestellt werden: a. Die Erbsünde wird in der hl. Schrift angedeutet (u.a.) in Röm 5. Damit ist aber nicht gesagt dasz sie dort explizite enthalten ist. b. Der Sündenfall und die Erbsünde sind sittlich-religiöse Wirklichkeiten, und nicht nur physische. c. Der erbsündliche Zustand des Menschen gehört zum Bereich der Sünde im strikten Sinne. d. Dieser Zustand wird zwar “Schuld” genannt, ist aber unterschieden von jeder persönlichen Sünde und ihr vorausgehend. Er hat deshalb nicht eine “Willentlichkeit” (voluntarietas) aus dem Subjekt selbst heraus. e. Mit dem erbsündlichen Zustand sind die Begierlichkeit und Todesver-fallenheit verknüpft, mit deren Wesen Trient sich aber nicht eingehend beschäftigt. f. Die Erbsünde ist ihrem Träger eigen und wird ihm nicht nur zugerechnet. g. Der erbsündliche Zustand ist (mit Ausnahme von Maria) allgemein. Diese Aussage ist aber immer gemeint für die Situation, die dem Sündenfall folgt. Dasz es vor dem Fall Menschen gegeben hat, die nicht mit der Erbsünde behaftet waren, wurde immer angenommen (nicht nur Adam, sondern auch Eva). Einer eventuellen Erweiterung ihrer Zahl wird durch die postlapsarische Allgemeinheit der Erbsünde nicht widersprochen. h. Man wird mit der Erbsünde behaftet durch Zeugung: “generatione”. Ob die Zeugung aber (direkte) Ursache ist oder nur Bedingung (oder indirekte Ursache), wird nicht entscheiden. Es ist deshalb nicht verboten, an ein Situiertwerden vonseiten der historischen Menschheit zu denken. i. Die Quelle der Erbsünde ist “Adam”. Dasz dieser eine individuelle Person ist, wird nicht definiert durch die Worte “origine unum”, welche nur bestimmen, dasz die Einheit der uns allen anhaftenden Erbsünde nur in ihrem Ursprung zu finden ist. Dasz Adam ein Einzelwesen war, wird dabei überall vorausgesetzt, aber nirgends direkt definiert, weder von Trient, noch vor oder auch nach diesem Konzil. Bis ins 19. Jahrhundert gab es darüber kein Problem. Die Ablehnung des Polygenismus in der Enzyklika Humani generis gründet sich auf der Tatsache, dasz es “nicht ersichtlich ist, wie sich eine derartige Ansicht vereinbaren kann mit” der kirchlichen Erbsündelehre. Dasz es einmal ersichtlich werden kann, dasz Polygenismus und Erbsünde vereinbart werden können, wird in dieser Aussage nicht ausgeschlossen.Die unter I skizzierte Theorie der Weltsünde kann jedenfalls die klassische Erbsündetheologie ergänzen. Sie zeigt uns dann die Unheilsgeschichte nach Adam mit der Verwerfung Christi als ihrem Gipfel und macht somit verständlich, dasz auch diese Unheilsgeschichte für jeden Menschen eine Bedeutung hat. Aber ist es nicht möglich, diese Weltsünde mit dem Sündenfall und der Erbsünde, so wie sie uns vom kirchlichen Lehramt vorgelegt werden, gleichzusetzen? Diese Möglichkeit wird hier als eine Hypothese vorgelegt. Denn: a. Der erbsündliche Zustand braucht nicht als ein aktiver Habitus auf-gefaszt zu werden. Er kann auch als ein das Subjekt innerlich bestimmendes Situiertsein verstanden werden. b. Auch die Implikationen des Situiertseins durch die Sünde der Welt können mit den “Folgen der Erbsünde” gleichgesetzt werden, wenn wir nicht durch den 1. Kanon Kanon von Karthago (der von Trient nicht wörtlich übernommen wurde) gezwungen werden, die Todesunterworfenheit als eine biologische Gegebenheit aufzufassen. c. Sieht man die Zeugung nicht als eine direkte Ursache, sondern nur als eine Bedingung für das Situiertwerden durch die historische Menschheit, dann liegt auch in diesem Punkte kein Unterschied vor. d. Schlieszlich erscheint in dieser Auffassung auch die Rolle eines individuellen ersten Stammvaters für das Entstehen des inneren Situiertseins nicht von durchschlaggebender Bedeutung.
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