Artigo Acesso aberto Revisado por pares

Hoher Impact ohne Impactfaktor: Die BIUZ wird 50.

2020; Wiley; Volume: 50; Issue: 3 Linguagem: Alemão

10.1002/biuz.202070302

ISSN

1521-415X

Autores

Erwin Beck, Christian Körner, Völker Storch,

Tópico(s)

Climate Change Communication and Perception

Resumo

Liebe Leserinnen und Leser, Wissenschaftliche Publikationen dienen der Verbreitung neuer Erkenntnisse, aber auch der Reputation der Autoren, und das ist gut so. Im Konkurrenzkampf haben die wissenschaftlichen Verlage jedoch daraus ein Wertungssystem kreiert, den Impactfaktor. Mit seiner Höhe steigt die „wissenschaftliche“ Bedeutung des Publikationsorgans, was eo ipso dann auch auf die darin publizierten Arbeiten übertragen wird. Obwohl die wissenschaftliche Community sich der Fragwürdigkeit dieses Systems bewusst ist, nutzt sie es in vielerlei Weise und unterstützt es dadurch. Was aber, wenn eine wissenschaftliche Zeitschrift heute keinen Impactfaktor vorweisen kann? Ist sie dann bedeutungslos? Und über allem schwebt das Bestreben der Gründer, die Komplexität des Lebens interessant und verstehbar zu machen. Da kann ein gutes Bild mehr sagen als hunderte Worte, auch und gerade in der Wissenschaft – ein Grund, warum die graphische Ausstattung bei BIUZ eine so zentrale Rolle spielt. Da die Zielgruppen vornehmlich Multiplikatoren in Schule, Hochschule und anderen Berufsfeldern der Biologie, sowie Schüler, Studierende und gebildete Laien sind, ist die Publikationssprache Deutsch. Diesen Zielgruppen erschließt BIUZ die Welt der Biologie in verständlichen Übersichtsartikeln und verweist auf aktuelle Originalarbeiten und Trends. BIUZ lebt vom Engagement und Idealismus der Autoren, des Kuratoriums und der Redaktion, und das seit 50 Jahren. Seit nun fünf Jahrzehnten leisten Autoren und Kuratoren diese Wissensverbreitung ohne Honorar und ohne auf einen Impactfaktor zu schielen. Ihr Engagement zeigt, dass sich viele Wissenschaftler in unserem Lande ihrer Verantwortung gegenüber der Öffentlichkeit – „Bringschuld der Wissenschaft“ hat man diese auch genannt – bewusst sind und sie ernst nehmen. Mit ihrem mehr ethischen denn marktwirtschaftlichen Konzept stößt BIUZ in eine Marktlücke. BIUZ vereint Aktualität und Qualität – aus der Primärliteratur bekannte Autoren werden von Kuratorium und Redaktion um Beiträge gebeten und die Manuskripte dazu noch doppelt begutachtet – und pflegt seit 2008 die Verbindung zum Verband der Deutschen Biologen (heute VBIO, ehemals VDBiol). Einer Umfrage entsprechend ist der Bezug der BIUZ auch einer der Gründe, warum Biologen heute dem VBIO die Treue halten. In der in Heft 6/2019 der BIUZ veröffentlichten Umfrage des VBIO beurteilen 45 Prozent der Befragten „die BIUZ als persönliche fachwissenschaftliche Quelle“ als „sehr wichtig“ und 42 Prozent der Mitglieder nutzen die BIUZ „um informiert zu werden oder zu bleiben, auch über den eigenen Tellerrand hinaus.“ Die Marktlücke, die BIUZ abdeckt, lässt sich am besten mit „lebendiges Lehrbuch der Biowissenschaften und Biomedizin“ bezeichnen, in der meist leicht verständlichen Diktion eines Lehrbuchs geschrieben, aber immer höchst aktuell am Puls der Zeit, was ein Lehrbuch nicht immer sein kann: „Biologie von A wie Artenvielfalt bis Z wie Zellbiologie“ (W. Nellen, BIUZ 6/2010). Ein sehr ambitioniertes und doch geglücktes Unternehmen, denn es ist gelungen, in die Lücke zwischen der Primärliteratur und einem Lehrbuch zu stoßen! Wissenschaftler/innen mit einem öffentlichkeitswirksamen Charisma sind eher Ausnahmeerscheinungen. Deshalb ist eine Zeitschrift gut beraten, sich mit journalistischer Expertise zu wappnen. Iris Lasch war die erste professionelle Redakteurin, die die etwas ins Schlingern geratene BIUZ 1989 wieder auf Kurs brachte, Rubriken aktualisierte und neue einführte. Wie es scheint, ist aber die Redaktion der BIUZ auch ein effektives Sprungbrett in Dauerpositionen, denn seit Frau Lasch gab es bereits einen dreimaligen Wechsel in der Chefredaktion, jeweils mit Karrieresprüngen. Redaktionell am stärksten geprägt hat die BIUZ Claudia von See, die mit journalistischem Können „ihre“ Zeitschrift als lebendes Lehrbuch über 17 Jahre hinweg (2001–2017) professionalisierte. Renommierte Namen verbinden sich mit der BIUZ, deren Aufzählung allein schon den Rahmen eines Editorials sprengen würde. Die drei Verfasser dieses Geleitworts, allesamt seit rund 30 Jahren Mitglieder des Kuratoriums, möchten sich deshalb auf das Gründerteam von BIUZ beschränken: Die Freiburger Biologen Peter Sitte, Hans Mohr, Günther Osche, Herbert Fischer und Heinz Falk, zusammen mit Wolfgang Wieser (Innsbruck), Otto Creutzfeld (Göttingen), Wolfgang Haupt (Erlangen), und Karl Daumer (München). Die Redaktion lag damals noch in den Händen von Peter Sitte und Heinz Falk. Wie sie im Geleitwort der ersten BIUZ schreiben, war eine der wesentlichen Triebfedern für die Gründung einer neuen Biologie-Zeitschrift die Kommunikationslücke zwischen Fachwissenschaft und Laienwissen, hervorgerufen durch unverständliche Fachsprachen. „So fühlen sich heute viele einer für sie nicht mehr durchschaubaren und damit unheimlich gewordenen Macht ausgeliefert. Die Dämonen von einst … kehren … heute in anderem Gewande zu uns zurück – die von den Wissenschaftlern erreichten Einsichten bleiben den Zeitgenossen verschlossen und fremd, und wieder tritt an die Stelle klaren, befreienden Wissens die dumpfe, unbehagliche Ahnung“ (BIUZ 1/1971). In dieser Hinsicht hat sich in den zurückliegenden 50 Jahren vieles dank solcher Zeitschriften wie BIUZ gebessert, aber der immer rasantere Fortschritt der Wissenschaften, insbesondere der Lebenswissenschaften und die immer drängenderen ökologischen und sozialen Probleme unserer übervölkerten Erde („ … im Geburtsjahr von BIUZ waren es noch vier Milliarden Erdenbürger, im Geburtsjahr von Peter Sitte gar nur zwei Milliarden“, V. Storch, BIUZ 6/1999) fordern die kompetente Wissensverbreitung in eine immer mehr geforderte Öffentlichkeit. Obwohl die BIUZ auf diesem Aktionsfeld nicht mehr allein steht – man denke z. B. nur an die seit dem Jahr 2000 vom Bundesministerium für Bildung und Forschung ausgerichteten Wissenschaftsjahre (2011: Gesundheitsforschung, 2016: Ozeane, 2020: Bioökonomie), die Initiative „Wissenschaft im Dialog“ des Stifterverbandes für die Deutsche Wissenschaft, oder die Bürgerwissenschaftsbewegung – trifft man weiterhin auf den 1971 in der BIUZ beschworenen Dämonen des Unbehagens mit der Wissenschaft. Mit der Fortentwicklung der Lebenswissenschaften muss auch der Brückenbau immer weiter gehen! Einer der Autoren dieses Editorials erinnert sich an eine Diskussion in der (damals noch so genannten) Westdeutschen Rektorenkonferenz, zwischen dem Gründungsmitglied der BIUZ Hans Mohr und dem damaligen Wissenschaftsminister von NRW und späteren Bundespräsidenten Johannes Rau, der am Ende Folgendes sagte: „Sie als Wissenschaftler suchen die Wahrheit, wir als Politiker die Akzeptanz durch die Menschen. Wenn beides zusammentrifft, haben wir beide Glück gehabt.“ Im Klartext: Ohne Akzeptanz durch die Bevölkerung wird Erkenntnis (politisch) nicht umgesetzt. Akzeptanz setzt aber Aufklärung voraus, wobei wir wieder bei der Notwendigkeit einer verständlichen Information der Öffentlichkeit und der Rolle der BIUZ angelangt sind. Es wäre schön, wenn die „Breite der Lebenswissenschaften auch der Öffentlichkeit am Kiosk zugänglich würde“ (W. Nellen, BIUZ 6/2010), denn die BIUZ ist bis heute leider (noch) nicht frei verkäuflich. Nach 50 erfolgreichen Jahren gilt es allen zu danken, die sich um die BIUZ verdient gemacht haben: den Autoren, Gutachtern, Kuratoriumsmitgliedern, den Mandatsträgern und Repräsentanten des VBIO, den Redakteurinnen, dem Verlag (VCH/Wiley) und nicht zuletzt Ihnen, liebe Leserinnen und Leser. Danke, dass Sie unsere BIUZ als Ihre Zeitschrift akzeptiert haben und durch Ihr Interesse am Leben halten. Wir wünschen den Verantwortlichen für die BIUZ eine glückliche Hand beim anstehenden Wechsel des Verlags und der Zeitschrift weiterhin die Wertschätzung durch ihre Leserschaft und den Fortbestand des Elans für das Projekt ‚BIUZ‘ – auch ohne Impactfaktor! Viel Freude mit dieser Ausgabe wünschen Ihnen Erwin Beck Christian Körner Volker Storch Die drei Autoren Erwin Beck, Christian Körner und Volker Storch (v. li. n. re.) sind die dienstältesten Kuratoren der BIUZ und begleiten diese schon seit rund drei Jahrzehnten.

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