Artigo Acesso aberto Revisado por pares

Festkörperchemie

2016; Wiley; Volume: 64; Issue: 3 Linguagem: Alemão

10.1002/nadc.20164047491

ISSN

1439-9598

Autores

Stefan Wuttke, Siegfried Eigler, Constantin Hoch,

Tópico(s)

Cell Adhesion Molecules Research

Resumo

Minutiös untersuchte Mechanismen, Strukturen und Eigenschaften sowie Materialoptimierungen. Reaktionen bei milden Bedingungen können zu thermodynamisch nicht stabilen Phasen und Zwischenstufen führen, die ihren eigenen Reiz haben. Ein Beispiel dafür, wie ionische Flüssigkeiten die Reaktionsführung in diesem Sinne verändern, liefert die Arbeitsgruppe von Ruck (TU Dresden).1) Mit einer Lewis-sauren ionischen Flüssigkeit lässt sich der weiße Phosphor durch sein normalerweise reaktionsträgeres und unkritischeres rotes Allotrop ersetzen. Die Reaktion von rotem Phosphor mit Iod zu PI3 oder P2I4, die abhängig vom molaren Verhältnis der Edukte und von der Reaktionstemperatur entstehen, lässt sich in NMR-Experimenten verfolgen. Dass hier der rote Phosphor genauso reaktiv wie in CS2 gelöster weißer Phosphor, ist darauf zurückzuführen, dass sich im Laufe der Reaktion (RT bis 70 °C) in einem Top-down-Prozess sphärische Nanopartikel bilden (Abbildung 1). Auch bei Nilges et al. spielte Phosphor die tragende Rolle.2) In einer Transportreaktion erhielten die Wissenschaftler ausgehend von rotem Phosphor und elementarem Silber das Phosphid AgP15 mit einem Anion, das an die Struktur des Hittorfschen Phosphors erinnert (Abbildung 1). Nach dem Zintl-Klemm-Busmann-Konzept lässt sich die Summenformel gemäß AgP15 = Ag+ + P–[P140] ionisch präzise zerlegen. Das Polyphosphid mit bemerkenswert hohem Phosphorgehalt ist als Halbleiter mit einer berechneten indirekten Bandlücke von 1 eV interessant für künftige Anwendungen. Flüssiger Ammoniak dient schon lange als Medium für Tieftemperaturreaktionen, und auch vergangenes Jahr ließen sich damit wieder neue Verbindungen herstellen. So synthetisierte die Gruppe von Florian Kraus zusammen mit der Gruppe von Rainer Niewa ein CuF-Ammoniak-Addukt, in dem metallisches Kupfer und Kupfer(II)-Fluorid zur Komproportierung gebracht wurden (Abbildung 2).3) Das Addukt wandelt sich schon bei Raumtemperatur durch Unterdruck in das Nitrid Cu3N um. Flüssiger Ammoniak als Lösemittel verändert nicht nur die beteiligten Redoxpotenziale, sondern eignet sich auch als Reaktand zur Herstellung von Nitriden selbst bei tiefen Temperaturen. Dronskowski et al. nutzten ammonothermale Bedingungen, um SrC(NH)3 zu synthetisieren, das Strontiumsalz des neuartigen, zweifach deprotonierten Guanidin-Anions.4) Es ist das Stickstoffanalogon zu Strontiumcarbonat SrCO3. Ein neuer Weg zu Verbindungen mit B-N-Verknüpfung kommt von Huppertz et al.5) Sie setzten Cadmiumoxid und Boroxid mit wässrigem Ammoniak um, unter 4,7 GPa Hochdruck bei 800 °C. Sie erhielten das neuartige Ammoniak-Addukt Cd(NH3)2[B3O5(NH3)]2, das Potenzial als Ausgangsverbindung zu neuen B-N-Verbindungen hat (Abbildung 3). Die Gruppe um Korber setzte das klassische Zintl-Anion As113– mit Acetylen bei –36 °C in flüssigem Ammoniak um.6) Eines der Reaktionsprodukte ist das ungeladene Molekül As2C6H6 (Abbildung 3) mit Barrelenstruktur und Arsen-Kohlenstoff-Bindungen. Besonders hohe und tiefe Temperaturen, hohe Drücke oder ausgefeilte präparative Methoden sind nicht immer notwendig, um Neues zu finden. Durch Zufall entstand in der Arbeitsgruppe Feldmann bei der Kristallisation eine nie zuvor beobachtete Modifikation von Kaliumnitrat durch langsames Abkühlen DMF-haltiger Lösungen von 150 °C auf Raumtemperatur.7) Die monokline Kristallstruktur ist schichtartig, die Kaliumatome sind ungewöhnlich achtfach koordiniert. Dieser Strukturtyp war weder für Nitrate noch andere ABX3-Strukturen bekannt. Die Rolle des Lösungsmittels bei der Kristallisation dieser Phase ist noch unklar. Die Festkörperchemie leistet Beiträge zu Antworten der Energiegewinnung und -speicherung. Sowohl Grundlagenforscher als auch Materialoptimierer etablierten im vergangenen Jahr leistungsfähige Energiesysteme. Ein Beispiel für Materialsynthese und -optimierung kombiniert mit Analyse der Struktur-Eigenschaftsbeziehungen lieferte die Kooperation der Arbeitsgruppen Janek und Smarsly aus Gießen mit der Arbeitsgruppe Antonietti vom Max-Planck-Institut für Kolloide und Grenzflächen. Sie entwickelten Stickstoff-dotierte Kohlenstoffelektroden für elektrochemische Anwendungen.8) Mit Polymer-Präkursoren, Elektrospinning, Dip-Coating und nachfolgender Pyrolyse synthetisierte das Team N-haltige Kohlenstofffasern und daraus Matten mit bemerkenswerter elektrischer Leitfähigkeit (Abbildung 4). Dieses Material eignet sich beispielsweise für langzeitstabile Anoden in Lithiumionenbatterien. Grundlegende chemische Mechanismen beim Laden und Entladen einer Eisen-Spinell-Kathode in einer Lithiumionenbatterie haben die Arbeitsgruppen Bensch und Kienle aus Kiel mit den Arbeitsgruppen Ehrenberg und Powell vom KIT untersucht.9) Spinellbasierte Kathodenmaterialien wie Mg2FeO4 haben hohe spezifische Kapazitäten, sind ungiftig und relativ kostengünstig. Die komplexen strukturellen Vorgänge beim Inter- und Deinterkalieren von Lithiumkationen haben Forscher allerdings immer noch nicht vollständig durchschaut. Das betrifft vor allem die Mechanismen, die zum unerwünschten schnellen Kapazitätsverlust führen. Abhängig von der Partikelgröße reagiert Mg2FeO4, wenn es Lithium aufnimmt, durch Platzwechselphänomene der beteiligten Kationen zu ternären Oxiden mit NaCl-Struktur oder es scheidet sich FeO ab. Bei höherem Li-Gehalt bildet sich ein heterogenes Gemenge aus Li2O, Fe- und MgO-Nanopartikeln. Die Reduktion von FeO zu Fe kehrt sich beim Laden der Batterie um, aber nicht alle Prozesse sind reversibel. Die kombinierten Untersuchungsergebnisse von Mößbauerspektroskopie, Festkörper-7Li-NMR-Spektroskopie, Röntgenographie, Cyclovoltammetrie, Transmissionselektronenmikroskopie und elektrochemischer Charakterisierung gaben einen Einblick in die Komplexität des Verhaltens eines Kathodenmaterials. In Lithiumionenbatterien ist der Elektrolyt besonders sicherheitsrelevant. Wo heute meistens leicht brennbare organische Lösungsmittel verwendet werden und das Leitsalz LiPF6, das zu giftigem HF hydrolysiert, sollen künftig feste Lithiumionenleiter eingesetzt werden. Diese müssen sehr leitfähig für Lithiumionen sein, was geringe Aktivierungsenergien, hohe Lithiumkonzentration und eine geringe elektrische Letfähigkeit erfordert. Die Gruppe um Nilges stellt Li0.2CdP2 mit a-CdAs2-Struktur als einen Lithiumionenleiter vor, der eine Aktivierungsenergie von 0,1 bis 0,2 eV hat.10) Das Material enthält zwar Cadmium und ist elektrisch leitfähig, eignet sich aber als Startpunkt für die Suche nach strukturanalogen, optimierten Lithiumionenleitern. Die Gruppe von Fässler untersucht intermetallische Systeme, die reversibel Lithium interkalieren und deinterkalieren. Das elektrische Verhalten von Li2AgGe und Li2,53AgGe211) ähnelt dem von Zintl-Phasen. Li2AgGe kristallisiert in einer Variante des Li13Ag5Si6-Strukturtyps mit einem diamantartigen Polyanion und ist ein zweidimensionales Metall, das sich senkrecht zu den metallischen Schichten wie ein Halbleiter verhält. Die Lithiumionen bewegen sich innerhalb tunnelartiger Strukturbereiche, wenn wie bei Li2,53AgGe2 eine ausreichend hohe Defektkonzentration vorliegt. Alle alkalisch arbeitenden Brennstoffzellen wie beispielsweise die Festoxid- oder die Magnesium-Luft-Zelle benötigen Anionenleiter. Welche Bedeutung Mayenit als Oxidionenleiter hat, zeigt die Zusammenarbeit der RWTH Aachen mit der Universität Halle-Wittenberg und dem Forschungszentrum Jülich.12) Mit Isotopenmarkierung ließ sich an einkristallinem Material der Transport von 18O/16O durch TOF-Massenspektrometrie beobachten. Demnach diffundieren Oxidionen O2– deutlich schneller als Superoxidionen O2–. Mayenit könnte aber nicht nur als Oxidionenleiter von Bedeutung sein, verschiedene Anionen könnten die Oxidionen ersetzen, wie Janek, Lerch et al. zeigen.13) Ähnlich wie b-Alumina entwickelt sich Mayenit aufgrund seiner rigiden Käfigstruktur zu einer Substanz mit hoher Anwendungsrelevanz, etwa als Feststoffelektrolyt in Batterien und Brennstoffzellen oder als selektiver Anionenleiter in der Sensorik. Hydroxid-, Chlorid-, Fluorid-, Cyanid-, Sulfid- und Nitridionen ließen sich in das Mayenit-Gerüst einbauen. Interessant ist, wie Feuchtigkeit die Stabilität des Oxid-Mayenits beeinflusst: Wird er bei einem Wassergehalt von <70 ppm auf 1050 bis 1200 °C erhitzt, zersetzt er sich, während er bei den gleichen Temperaturen stabil ist, wenn sein Wassergehalt 150 ppm oder mehr beträgt. Weitere Festkörper aus Kohlenstoff rücken in den Blickpunkt der Forschung (Abbildung 5a). Ein Vorteil einlagiger MX2-Materialien liegt in ihren vielfach auftretenden und einstellbaren Bandlücken, während Graphen keine Bandlücke hat und daher transparent ist. Dünnschichtige Festkörper befinden sich aktuell im Forschungsfokus. Hier sei besonders auf Molybdändisulfid und schwarzen Phosphor (Phosphoren) hingewiesen (Abbildung 5b, d). Im Allgemeinen versprechen sich Forscher von Übergangsmetalldichalkogeniden der allgemeinen Formel MX2 (M = Mo, W; X = S, Se, Te) besondere elektronische und optische Eigenschaften. Mit diesen sollten sich Transistoren, Emitter oder Sensoren herstellen lassen. Die Bandlücke zwischen ein- und dreilagigem MoS2 ändert sich von 516 nm auf 708 nm.14) Außerdem beeinflusst die Art der Korngrenze die Bandlücke. Darüber hinaus versuchen Wissenschaftler, einlagiges Silicium, das Silicen (Abbildung 5c), herzustellen. Silicen ist außerordentlich oxidationsempfindlich, dennoch stellten Tao et al. einen Silicentransistor her (Abbildung 6a).15) Epitaktisch gewachsenes Silicen wurde erstmals direkt durch Elektroden geschützt und anschließend delaminiert. Damit ließen sich Ladungsträgermobilitäten von 100 cm2·V–1s–1 ermitteln. Allerdings schränken die Korngrenzen die Mobilität ein. Im Vergleich zeigen halbleitende Polymere Werte um 10 cm2·V–1s–1 und Graphen etwa 10 000 cm2·V–1s–1. Die Herstellungsmethode für Silicenfilme eignet sich auch für andere oxidations- oder hydrolytisch empfindliche Materialien wie Germanen oder Phosphoren und somit für neue Dünnschichtmaterialien. Mit Phosphoren (Abbildung 5b), das eine Bandlücke hat, lassen sich eventuell besonders kleine Transistoren oder auch Sensoren entwickeln, die energieeffizienter als heutige Elektronik sind. Allerdings muss es noch gelingen, beispielsweise die Zersetzung von Phosphoren zu Phosphorsäure zu unterbinden. Ultraschall delaminiert schwarzen Phosphor in N-Cyclohexyl-2-pyrrolidon. Dabei entsteht schwarzer Phosphor in drei bis fünf Lagen, die erstaunlich stabil sind, was auf eine schützende Lösungsmittelhülle zurückzuführen ist (Abbildung 6b).16) Wissenschaftler untersuchen weniglagige Schichten aus Phosphoren kleiner 10 nm derzeit in elektronischen Bauelementen, wobei sie hohe Ladungsträgermobilitäten zwischen 300 und 1000 cm2·V–1s–1 messen.17,18) Damit eignen sich Phosphorenstrukturen grundsätzlich für digitale Anwendungen. Vor der Anwendung dünnschichtiger Materialien müssen einfache und industriell anwendbare Methoden realisiert werden, mit denen sich dünnschichtige Elektronik herstellen und verarbeiten lässt. Auch wenn Graphen über Gasphasenabscheidung auf katalytischen Oberflächen wachsen kann, sind größere Mengen im Grammmaßstab nur nasschemisch zugänglich. So lässt sich Graphen hoher Qualität nasschemisch aus Graphit herstellen.19) Dazu funktionalisiert Eigler Graphitsulfat, dessen Kohlenstoffgerüst eine C24+-Einheit hat, mit Hydroxylgruppen. Dieses hydroxylierte Graphen ist wasserlöslich, lässt sich auf Substrate abscheiden und anschließend zu Graphen mit einer Defektdichte um 0,05 % reduzieren. Dadurch entsteht prozessierbares Graphen, das grundsätzlich transparente Elektronik ermöglicht. Außerdem bauen Forscher chemische Methoden aus, mit denen sie Graphen und andere Kohlenstoffallotrope weiter funktionalisieren. Dadurch verändern sich die physikalischen Eigenschaften des Graphens: Beispielsweise würde die quantitative Hydrierung von Graphen zu Graphan führen, einem 2-D-Polymer aus Cyclohexan, ein dünnes Dielektrikum. Jedoch gelang die nasschemische Hydrierung bisher nicht vollständig. Die Reduktion von Graphen und die anschließende Zugabe einer milden Protonenquelle führt zu einem partiell hydrierten und stark fluoreszierenden Graphen (Abbildung 6c), wie Schäfer et al. zeigten.20) Die intensive Fluoreszenz zwischen 450 und 800 nm des neuen Materials führten die Autoren auf sp2-konjugierte Bereiche einer Größe zwischen 1,1 und 1,75 nm zurück.21) Große Mengen dispergierter Kohlenstoffmonolagen herzustellen, ist und bleibt schwierig. Als Mittel der Wahl gilt, Graphenschichten des Graphits zu oxidieren, was Graphenoxid ergibt. Dennoch gewinnen auch andere Methoden an Bedeutung. Funktionelle Gruppen wie Epoxide, Hydroxylgruppen, sp2-Kohlenstoff und Sulfatester lassen sich inzwischen quantifizieren. Bevor sich oxidierte Graphenschichten kommerziell nutzen lassen, sind Untersuchungen zu toxikologischen Effekten erforderlich. Allerdings liegen widersprüchliche Erkenntnisse über die Toxizität vor. Pieper et al. berichten über Endoperoxide als einen Ursprung der Zelltoxizität (Abbildung 6d). Dabei sind Endoperoxide nur in ppm-Konzentrationen vorhanden. Eine Sonde aus einem Oligonukleotid und Fluorescin, die über eine Anthrazenbrücke verbunden sind, identifiziert und quantifiziert die Endoperoxide. Diese reagieren mit Anthrazen, wodurch Fluorescin freigesetzt und detektiert wird. Minoritätsspezies wie Manganionen oder kohlenstoffzentrierte Radikale sind dabei als Quelle der Zelltoxizität ausgeschlossen. Die oxidierten Graphenschichten ließen sich sogar licht- oder baseninduziert funktionalisieren, wodurch Zellen nicht mehr durch Graphenoxid geschädigt werden. Somit lässt sich Graphenoxid ohne Risiko einer toxischen Reaktion als Transportreagenz für Zellen einsetzen.22) Diese Erkenntnis könnte dazu führen, dass sich Graphenoxid kommerziell nutzen lässt. Nicht nur Graphen wird chemisch verändert, sondern vermehrt auch Übergangsmetalldichalkogenide, besonders Molybdändisulfid. Beispielsweise nutzen Forscher Fehlstellen in Form unvollständig koordinierten Schwefels an Molybdän, um Thiolliganden zu binden (Abbildung 7a)23) – obwohl die Funktionalisierung von MoS2 weit weniger erforscht ist als die von Graphen. Kürzlich funktionalisierten Backes et al. die Oberfläche von 2H-MoS2 mit MOAc2 (M = NiII, CuII, ZnII), wodurch es sich in Isopropanol oder Aceton dispergieren lässt (Abbildung 7b).24) Basierend auf dieser Strategie lassen sich stabile Dispersionen herstellen, wodurch MoS2 für viele Anwendungen nutzbar wird. Die Basalebene lässt sich über reduktives Aufladen der 2H-MoS2-Phase mit Butyllithium funktionalisieren (Abbildung 7d).25,26) Durch die Aufladung entsteht die n-dotierte metallische 1T-Phase. Anschließend generiert Ultraschall einzelne Lagen. Eine Funktionalisierung mit Methyl-, Amid- oder Phenylgruppen stabilisiert die Phase. Die so funktionalisierte 1T-MoS2-Phase hat Halbleitereigenschaften, wobei Strukturdefekte durch milde Reaktionsbedingungen vermieden wurden. Die n-dotierte, metallische 1T-Phase reagiert anschließend mit einem Phenyldiazoniumsalz zu funktionalisiertem und halbleitendem MoS2 (Abbildung 7c).26) Ohne diese Strukturdefekte lassen sich spektroskopische Eigenschaften erstmals der defektfreien Struktur zuweisen – ein wesentlicher Schritt, um MoS2 kontrolliert zu funktionalisieren. Durch Van-der-Waals-Heterostrukturen werden Bandstrukturen so angepasst, dass sie sich für lichtemittierende Dioden eignen.27) Dafür ordneten Wissenschaftler metallisches Graphen, isolierendes hexagonales Bornitrid und Halbleiter wie MoS2 in Schichtstrukturen. Der Frequenzbereich der Emission ist anpassbar. Außerdem ließen sich flexible und teiltransparente Bauelemente herstellen. Poröse Festkörpermaterialien sind interessant für Wissenschaft und Industrie, da sie sich vielseitig einsetzen lassen. Diese Vielseitigkeit beruht auf ihrer Fähigkeit, mit Atomen, Ionen und Molekülen nicht nur an ihrer äußeren Oberfläche in Wechselwirkung zu treten, sondern auch mit ihrer inneren. Poröse Festkörpermaterialien mit geordneten Strukturen herzustellen, erzielte in den vergangenen Jahren Fortschritte. Heute kontrolliert nicht mehr die Manipulation der Verarbeitungsparameter die Porosität, sondern das gezielte Verbinden molekularer Bausteine. Zeolithe, metal-organic frameworks (Mofs), covalent organic frameworks (Cofs) und poröse Polymere sind Gegenstand aktueller Forschung, wobei die bloße Synthese neuer poröser Materialien für eine Publikation meist nicht mehr ausreicht. Die Gutachter fordern konkrete Anwendungen – meist gekoppelt mit Funktionalisierungskonzepten – oder neue Erkenntnisse der physikalisch-chemischen Materialeigenschaften aus Experimenten oder theoretischen Untersuchungen. Die Bedeutung des letzten Punktes für die deutsche Forschungslandschaft bestätigte die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) mit dem neuen Schwerpunktprogramm 1928 „Coordination Networks: Building Blocks for Functional Systems“ (Coornets). Das Verständnis funktionaler poröser Materialien steht hierbei im Vordergrund. Ob zum Beispiel Oberflächenbarrieren existieren, beschäftigte Heinke et al.28) Die Forscher vermuten, dass Oberflächenbarrieren Hauptgrund für starke Unterschiede zwischen Diffusionskoeffizienten verschiedener Mof-Proben des gleichen Materials sind. Die Autoren untersuchten epitaktisch hergestellte Mof-Filme (Surmofs) und wiesen nach, dass intrinsische Oberflächenbarrieren fehlen.28) Oberflächenbarrieren lassen sich jedoch leicht durch veränderte Porosität erzeugen, zum Beispiel durch Wasserexposition in Form von Wasserdampf. Andere Studien untersuchen die Gast-Gast-Wechselwirkungen innerhalb von Kavitäten.29) Anwendungsorientierte Studien hatten Gasspeicherung oder -trennung im Fokus. Dass CO selektiv adsorbiert wird, und zwar durch den synergetischen Effekt von lokaler CO-Adsorption an koordinativ ungesättigten Metallzentren und kristallin transformiertem Material, berichteten Sato et al.30) Mof-Kristall-Engineering für gezielte Synthese poröser Materialien mit speziellen Adsorptionseigenschaften präsentierten Nugent et al.31) Konzeptionellen Fortschritt bei selektiver Adsorption machten McDonald et al.32) Sie stellten Mofs her, die CO2 gezielt per chemischem Einbau in der Struktur festhalten. Dieser Prozess findet auch in Gegenwart von Wasser statt, wenn die Adsorptions-Desorptions-Zyklen bei leicht erhöhten Temperaturen von 100 bis 150 °C ablaufen. Die Struktur des Mg-Mof ähnelt stark dem aktiven Zentrum des Enzyms Ribulose-1,5-bisphospate-carboxylase/-oxygenase (RuBisCO) (Abbildung 8). Dieses Enzym beteiligt sich an der biologischen CO2-Fixierung33) in der Photosynthese. Ein anderer Ansatz, Materialien für Trennungen zu gewinnen, ist die Entwicklung organischer Moleküle, die andere organische Moleküle voneinander separieren (Abbildung 9).34) Grundsätzlich lassen sich definierte Selektivitäten auf molekularer Ebene, die auf organischen Einheiten beruhen (Abbildung 10b), in Lösungen durch deren Selbstorganisation in den festen Zustand überführen (Abbildung 10c). Mitra et al. demonstrierten dieses Prinzip durch die Synthese poröser organischer Käfige.34) Zhang et al. stellten einen kristallinen Käfig vor, mit einer Kavität von 2,6 bis 3,1 nm Innendurchmesser und einer spezifischen Oberfläche von fast 3800 m2·g–1.35) Eine bahnbrechende Idee, wie sich schwer kristallisierbare organische Substanzen per Einkristallstrukturanalyse untersuchen lassen, hatte die Arbeitsgruppe von Fujita.36) Ihr Verfahren nutzt kristalline poröse Materialien als Wirtsschwämme für organische Moleküle. Dementsprechend lässt sich die Molekularstruktur des adsorbierten Gastmoleküls zusammen mit der kristallinen Wirtsstruktur kristallographisch bestimmen. Obwohl das Prinzip recht einfach ist, erfordert es präzise und sorgfältige Handhabung des kristallinen Schwamms.37) Auch sehr langsames, aber kontrolliertes Verdampfen der Lösungsmittelmoleküle ist äußerst wichtig. Die gesamte Analyse dauert ungefähr 16 Tage.37) Ein weiterer Forschungsschwerpunkt ist die Funktionalisierung poröser Materialien, die aber mit deren Anwendung eng verbunden ist. Die meisten porösen Materialien (Zeolithe, Polymere, Silica usw.) sind aus wenigen individuellen, sich wiederholenden Einheiten aufgebaut. Seit kurzem versuchen Wissenschaftler, Heterogenität innerhalb einer kristallinen Mof-Struktur zu erzeugen. Sie bauen verschiedene Funktionalitäten entlang des kristallinen Mof-Rückgrats ein (Abbildung 10, S. 252).38) Dies führt zu multivarianten Mofs mit unterschiedlichen Anordnungen von Funktionalitäten, deren Eigenschaften sich ergänzen. Ein Beispiel lieferten Deng et al.: ein multivarianter Mof, der eine um 400 % höhere CO2-Aufnahmekapazität aufweist als monovariante Mof-Äquivalente.38) Ein anderer Weg, poröse Materialien zu funktionalisieren, ist, Moleküle an funktionelle Gruppen im porösen Gerüst anzubinden. So lassen sich sterisch anspruchsvolle Funktionen einfach in die Struktur integrieren. Zum Beispiel verknüpften Hinterholzinger et al. ein fluoreszierendes Farbstoffmolekül mit einem Mof-Gerüst.39) Das Quenching dieses Farbstoffs nutzten sie für ein Anion-Sensing-Konzept. Der Abbau des Mof-Gerüsts durch Fluoridionen setzt den Farbstoff frei (Abbildung 11). Das entsprechende Turn-on-Fluoreszenzsignal lässt sich mit hoher Empfindlichkeit nachweisen. Funktionale Biomakromoleküle in porösen Materialien einzuschließen, gelang der Arbeitsgruppe Falcaro durch einen Biomineralisationsprozess (Abbildung 12).40) Ein schützendes Mof-Gerüst schloss Proteine, Enzyme und DNA ein. Die resultierenden Biokomposite sind wesentlich stabiler als die einzelnen Makromoleküle. Eine völlig andere Anwendung von Mof-Materialien demonstrierte die Arbeitsgruppe Gascon. Sie verwendete ein Eisen-Mof für die Herstellung hochdisperser Eisencarbide, die in porösen Kohlenstoff eingebettet sind.41) Dieser Katalysator zeigt hohe Aktivitäten bei der Fischer-Tropsch-Synthese. [email protected]

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