Artigo Acesso aberto Revisado por pares

Zukunft gestalten

2018; Wiley; Volume: 41; Issue: 2 Linguagem: Alemão

10.1002/gete.201870203

ISSN

2190-6653

Autores

Dietmar Placzek,

Tópico(s)

Civil and Structural Engineering Research

Resumo

Rund 400 Jahre ist es her, dass herausragende Wissenschaftler wie Galileo Galilei oder Isaac Newton als Universalgelehrte elementare Grundlagen der Ingenieurwissenschaften und damit auch der Geotechnik erarbeiteten. Sie waren u.a. Naturwissenschaftler und Ingenieure. Sie lebten in einer Welt, die noch ungeregelt war und Normen nicht kannte. Allein ihre geistig-schöpferische Leistung war es, die Außergewöhnliches hervorbrachte. Noch heute forschen, entwickeln, planen und realisieren Ingenieure in unserem Fachgebiet vielfältige anspruchsvolle Aufgaben, nicht mehr wie früher allein, sondern sehr häufig in Teams unter Beteiligung unterschiedlicher Fachdisziplinen. Sie gestalten das bauliche Umfeld der Gesellschaft und tragen damit zum Fortschritt der Baukultur bei. Aber nicht nur das. Sie sorgen daneben für eine ausreichende Standsicherheit von Bauten, für eine langfristige sichere Nutzung und tragen Gewähr dafür, dass Menschen sich nicht nur heute, sondern auch zukünftig in ihrem baulichen Umfeld sicher aufhalten und fühlen können. Ingenieure gerade auch unserer Fachdisziplin übernehmen damit Verantwortung für die Gesellschaft, nicht zuletzt auch für die Umwelt. Ohne ihr „ingenium“ ist kein Fortschritt denkbar. Viele der wissenschaftlichen und baupraktischen Erkenntnisse sind in Normen niedergelegt. In diesem Jahr feiert das DIN (Deutsches Institut für Normung) sein 100jähriges Bestehen. Insgesamt umfasst das deutsche Normenwerk (Stand Ende 2017) 34.102 Normen, davon betreffen 2.240 Normen das Bauwesen, sicherlich eine stattliche Anzahl davon auch die Geotechnik. Normen sollen die Qualität von Bauprodukten und Bauwerken und ihre Nutzung sicherer und umweltfreundlicher machen, gleichzeitig durch die Festlegung von Standards den Umgang miteinander vereinfachen. Ein Blick in aktuelle Regelwerke lässt hieran aber erste Zweifel aufkommen. Sie sind zu umfangreich, in manchen Fällen zu lehrbuchhaft und hier und da bezüglich der Festlegungen nicht nachvollziehbar oder gar veraltet. Seit einiger Zeit wird in Deutschland dankenswerterweise daran gearbeitet, die vielen Normen kritisch durchzusehen, auf ihren technischen Inhalt hin zu überprüfen und im Umfang auf das Nötigste zu beschränken. Einer der nächsten Schritte muss aber folgen: Das wirklich aktuelle Know-how in unserem Fachgebiet herauszukristallisieren, dieses fachlich auf den Prüfstand zu stellen, dann das Prüfergebnis zu kommunizieren und schließlich in der Praxis zu erproben und erst dann zu entscheiden, was wie geregelt werden muss. Hierin besteht allerdings ein Problem, denn wir leben im Zeitalter der dritten industriellen Revolution, dem digitalen Zeitalter, das uns mit einer Unmenge an Informationen und Desinformationen überschüttet. Was ist wirklich richtig und wahr? Was ist nur behauptet und nicht bewiesen? Was ist wirklich wichtig und notwendig, was wirklich neu und was längst überholt? Hier liegt es an uns, zunächst Klarheit zu schaffen, die elementaren Grundlagen unseres Fachgebiets herauszustellen und fachlich zu hinterfragen, ohne dabei Bewährtes über Bord zu werfen. Denn erst wenn man weiß, was man wirklich weiß, kann man die Zukunft gestalten. Nicht jeder Fortschritt muss sich in Normen manifestieren. Und übrigens: man kann von jeder Norm und jedem Regelwerk abweichen, wenn man etwas Besseres weiß. Man muss aber auch etwas Besseres wissen. In heutiger Zeit, in der sich unsere Welt mit rasender Geschwindigkeit verändert, die Globalisierung voranschreitet und die Halbwertszeiten von Technologien und gewohnten Standards sich verkürzen, macht es so manchem Angst, und viele suchen Halt in Gewohntem, in Festgelegtem und Festgeschriebenem, in Regel- und Normenwerken. Diejenigen, die den Halt suchen, wünschen keine Veränderung. Dabei bieten sich doch gerade heute vielfältige Möglichkeiten der Zukunftsgestaltung, auch dank der Digitalisierung. Ein Beispiel hierfür ist die Modellierung der Bauwerksdaten, kurz BIM (Building Information Modeling), die es gerade den in der Geotechnik Tätigen ermöglicht, nicht nur Bauwerke, sondern insbesondere auch komplexe geotechnische Bauwerke wie Tunnel oder Stützkonstruktionen von der Planung über die Ausführung bis hin zur Inbetriebnahme und späteren Inspektion ohne Kenntnislücken und Informationsdefizite zu optimieren. Hierdurch können auch die im Baugrund naturbedingt liegenden Risiken frühzeitig erkannt und minimiert werden, wenn im Rahmen der Planung getroffene Festlegungen über den Baugrundaufbau zwischen den einzelnen Erkundungsstellen durch die fortgeschriebene Modellierung während der Bauausführung korrigiert und den tatsächlichen Baugrundverhältnissen angepasst werden. Weitere Beispiele, um nur einige zu nennen, mit denen wir als Ingenieure in unserem Fachgebiet die Zukunft gestalten können, sind die Weiterentwicklung der Modellbildungen und Berechnungen für Standsicherheits- und Verformungsnachweise oder auch die digitale Erfassung von Prozessdaten bei der Ausführung unterschiedlicher Verfahren des Spezialtiefbaus und Tunnelbaus, über die diese ggf. an die jeweiligen Eigenschaften des Baugrunds angepasst, gesteuert, in ihrer Wirkungsweise optimiert oder auch neu entwickelt werden können. Ein altes chinesisches Sprichwort besagt: „Wenn der Wind der Veränderung weht, bauen die einen Mauern und die anderen Windmühlen“. Wir sollten in diesem Sinne den Wind der Veränderung als Antrieb zur Mitwirkung bei der Gestaltung unserer gemeinsamen Zukunft nutzen. Ihr Dietmar Placzek

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