Artigo Revisado por pares

George A. Olah (1927-2017)

2017; Wiley; Volume: 129; Issue: 21 Linguagem: Alemão

10.1002/ange.201703322

ISSN

1521-3757

Autores

G. K. Surya Prakash,

Resumo

George Andrew Olah, Gründungsdirektor des Loker Hydrocarbon Research Institute an der University of Southern California, ist am 8. März 2017 gestorben. Olah wurde 1994 mit dem Chemie-Nobelpreis für seine Arbeiten zur Stabilisierung von Carbokationen in Supersäuren ausgezeichnet. In den letzten Jahren hat er sich sehr für die Etablierung einer Methanolwirtschaft eingesetzt, bei der Kohlendioxid in Methanol überführt und dieses als Brennstoff oder Chemierohstoff genutzt wird. George Andrew Olah, Chemie-Nobelpreisträger von 1994, Loker Distinguished Professor of Chemistry and Chemical Engineering und Gründungsdirektor des Loker Hydrocarbon Research Institute an der University of Southern California, ist am 8. März 2017 in Beverly Hills gestorben. Olah wurde am 22. Mai 1927 in Budapest als Sohn von Julius Olah, einem Rechtsanwalt, und seiner Frau Magda geboren. Während des zweiten Weltkriegs besuchte er ein katholisches Piaristen-Gymnasium, auf dem er acht Jahre Latein sowie die Pflichtfremdsprachen Deutsch und Französisch lernte. In seiner Autobiographie A Life of Magic Chemistry (Wiley) beschreibt Olah die schrecklichen Erfahrungen in dieser Zeit. Er und seine Eltern überlebten, aber er verlor seinen älteren Bruder Peter in den Kiegswirren. Diese Erfahrungen prägten ihn sein ganzes Leben; er war sehr belesen, studierte die Geschichte und die Philosophie und schätzte die Musik und die Künste – er war ein “Renaissancemensch”. Nach dem Krieg studierte Olah organische Chemie an der Technischen Universität Budapest und promovierte 1949 bei Géza Zemplén, der einige Jahre beim legendären Emil Fischer geforscht hatte. Ebenfalls 1949 heiratete er Judith Lengyel, die später auf sein Drängen hin auch Chemie studierte und ihn lebenslang in seiner Forschung unterstützte. 1954 wurde er Leiter des Departments für organische Chemie und stellvertretender wissenschaftlicher Direktor des zentralen Forschungsinstituts der ungarischen Akademie der Wissenschaften; es waren harte Jahre in Ungarn. Der missglückte Ungarnaufstand von 1956 ließ die Zukunft noch dunkler erscheinen, und die Olahs entschieden sich auszuwandern. Nach kurzen Aufenthalten in Österreich und England ging die Familie nach Kanada. Olah war eine herausragende Persönlichkeit, ein Gigant seines Fachs und ein großer Visionär, mit ungewöhnlichen Ansätzen zur Lösung diffiziler Probleme. Er hatte ein erstaunliches Gedächtnis und war ziemlich intuitiv. 1957 ging er zur Dow Chemical Company in Sarnia in Kanada und setzte dort seine in Ungarn begonnene Forschung fort. Damals beschäftigte man sich bei Dow unter anderem intensiv mit dem Einsatz von Friedel-Crafts-Reaktionen für die Produktion von Ethylbenzol, das vor allem als Vorstufe von Styrol für die Polystyrolproduktion interessierte, wobei man Areniumkationen als Intermediate annahm. In diese Zeit (1957–1964) fiel seine bahnbrechende Forschung zur Erzeugung langlebiger Alkylcarbokationen wie tert-Butyl- und Isopropylkationen in Supersäuren. 1965 kehrte Olah als Professor an der Western Reserve University, heute Case Western Reserve University, zur akademischen Forschung zurück. Aufbauend auf den Arbeiten von Ron Gillespie in Kanada erkannte Olah, dass protische Supersäuren, die Milliarden oder sogar Billionen Mal stärker sind als 100 % Schwefelsäure, für das Erzeugen und Stabilisieren von Carbokationen genutzt werden können. Er führte für Gemische aus wasserfreiem FSO3H und SbF5 den Namen “magische Säuren” ein. Diese Säuren können – wie Olah entdeckte – selbst Kohlenwasserstoffe wie Paraffin ionisieren und zu langlebigen tert-Butylkationen spalten. Vor Olahs Pionierarbeiten zu säurekatalysierten Reaktionen von Kohlenwasserstoffen wurden Carbokationen nur als flüchtige Intermediate mit einer Lebensdauer von Mikro- bis Nanosekunden gesehen. Es war Olahs Geniestreich, Carbokationen in Supersäuren zu stabilisieren. Die Aufklärung ihrer Strukturen gelang mithilfe der Niedertemperatur-NMR-Spektroskopie und später auch durch Röntgenbeugungsuntersuchungen. Olahs umfangreiche Studien zur Struktur langlebiger Carbokationen brachten Genauigkeit und eine neue Dimension in die Mechanismen von Kohlenwasserstoffreaktionen. Seine Forschung über Carbokationen führte zu einer klaren Unterscheidung zwischen den dreiwertigen Carbeniumionen, planaren Ionen vom CH3+-Typ, und den penta- oder noch höher koordinierten Carboniumionen vom CH5+-Typ, die analog zu anderen Oniumionen aufgebaut sind. Während dreiwertige Carbeniumionen die Schlüsselintermediate in elektrophilen Reaktionen von ungesättigten π-Donor-Kohlenwasserstoffen sind, sind pentakoordinierte Carboniumionen wegen der Möglichkeit von C-H- oder C-C-Einfachbindungen, an der Bildung von Dreizentren-Zweielektronen-Bindungen teilzunehmen, zentral in elektrophilen Reaktionen von gesättigten σ-Donor-Kohlenwasserstoffen. Olah setzte sich gerne mit komplexen Problemen auseinander. Die nichtklassische Bindung im intensiv diskutierten 2-Norbornylkation [C7H11]+, die Saul Winstein in den 1940er Jahren erstmals vorgeschlagen hatte, machte ein höher koordiniertes Kohlenstoffatom notwendig. Das war das Herzstück der Jahrzehnte andauernden Kontroverse klassisches/nichtklassisches Ion, in der H. C. Brown, der sich für ein 2-Norbornylkation in Form eines dreiwertigen Carbeniumions aussprach, der Hauptgegenspieler war. Eine Reihe angesehener Chemiker, darunter M. Saunders, N. Arnett, P. von R. Schleyer, J. D. Roberts, H. Hogeveen und S. Masamune, unterstützte das Olah-Lager. 1982 wurde die nichtklassische Struktur des 2-Norbornylkations durch Olahs Niedertemperatur-NMR-spektroskopische 13C-Markierungsstudie und anschließende Festkörper-NMR-Studien bei 5 K durch Yannoni und Myhre gestützt. Eine Röntgenbeugungsuntersuchung schließlich lieferte den endgültigen Beweis für die nichtklassische Struktur und damit auch für die Richtigkeit von Olahs Hypothese. Weitere Arbeiten führten zur Entdeckung vieler Carbokationen mit verblüffenden nichtklassischen Strukturen. Olahs Forschung ergab, dass Kohlenstoff wie Bor Mehrzentrenbindungen eingehen kann, die zu höher koordinierten Kohlenstoffzentren in neutralen Molekülen wie den Carboranen, Metallcarbiden und Alkylmetallspezies führen. Olahs Arbeiten über höher koordinierte Kohlenstoffverbindungen eröffneten ein völlig neues Gebiet, die “Hyperkohlenstoffchemie”. In Supersäuren können Elektrophile durch Protosolvatation weiter zu Superelektrophilen aktiviert werden (superelektrophile Aktivierung), die wiederum elektrophile Reaktionen mit sehr schwach basischen Substraten initiieren können (Angew. Chem. 1993, 105, 805). 1977 ging Olah an die University of Southern California und gründete dort, großzügig unterstützt von Donald und Katherine Loker, das Loker Hydrocarbon Research Institute. Olah blieb für den Rest seines Lebens am Ruder dieses Instituts. Er setzte seine Forschungen zu den Themen Synthesemethoden, Katalyse, Oxidationen sowie Organosilicium- und Organofluorchemie fort. Ermutigt durch seine Theoretikerfreunde begann er sich für die Vorhersagekraft der Computerchemie zu begeistern und nutzte die Technik für mehrere wichtige Entdeckungen. 1994 erhielt er den ungeteilten Chemie-Nobelpreis für seine wegweisenden Arbeiten zu Carbokationen (Nobel-Vortrag siehe Angew. Chem. 1995, 107, 1519). In den Folgejahren konzentrierte sich Olah auf die Suche nach Wegen, die gefährliche Zunahme von Treibhausgasen, insbesondere Kohlendioxid, in der Atmosphäre zu stoppen. Seine Lösung, die “Methanolwirtschaft” (Angew. Chem. 2005, 117, 2692) basiert auf dem Einsatz von flüssigem Methanol als Energieträger und Ersatz für Benzin und Diesel. Methanol kann außerdem in der Produktion von Ethylen und Propylen – idealen Startverbindungen für die Synthese aller erdölbasierten Produkte – als Ausgangsmaterial verwendet werden. Die Arbeiten von ihm und seinen Kollegen mit dem Jet Propulsion Laboratory der NASA bereiteten auch den Weg zu einer auf flüssigem Methanol basierenden Brennstoffzelle (DMFC), einer sehr effizienten tragbaren Stromquelle. Er entwickelte zudem neue Methoden zur Umwandlung von Erd-/Schiefergas (Methan) und CO2 in Synthesegas als Ausgangsmaterial für die Methanolgewinnung. Das Kunststück seines Carbon-Capture-and-Recycling(CCR)-Ansatzes ist es, Methanol durch die Reaktion von Wasserstoff (erhalten durch die Elektrolyse von Wasser mithilfe erneuerbarer Energie) mit Kohlendioxid aus anthropogenen und natürlichen Quellen herzustellen, was die Menschheit aus der Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen befreien würde. Die Umwandlung von Kohlendioxid in Methanol wird inzwischen in der George Olah Renewable Methanol Plant in Island kommerziell durchgeführt. In neuerer Zeit hat Olah aufgrund von Berichten über die astrophysikalische Beobachtung von Carbokationen und organischen Molekülen einschließlich Methanol im Weltraum vorgeschlagen, dass Methanol möglicherweise eine zentrale Rolle bei der Entwicklung von Bausteinen gespielt haben könnte, die letztlich zur Entstehung des Lebens geführt haben. Olah hat mit seiner Forschung die Chemie dauerhaft geprägt und unser Verständnis von Reaktionsmechanismen enorm befördert. Die Ergebnisse seiner Carbokationenforschung finden sich in nahezu jedem modernen Lehrbuch der organischen Chemie. Sein Vorbild war Hans Meerwein aus Marburg (1879–1965). George war Freund/Partner vieler angesehener Physikoorganiker, und ich schätze mich glücklich, 43 Jahre mit ihm zusammengearbeitet zu haben, erst als Doktorand und später als Kollege, nicht nur beim Thema Carbokationen, sondern auch in der Organofluorchemie und bei den Arbeiten zur Methanolwirtschaft. Olah war ein sehr produktiver Autor mit fast 1500 Veröffentlichungen, 160 Patenten und 25 herausgegebenen oder selbstverfassten Büchern. Er war ein liebenswerter und großzügiger Mentor für mehr als 300 Doktoranden, Postdocs und Kollegen aus vielen Teilen der Welt; viele seiner Mitarbeiter haben ebenfalls große Karrieren gemacht. Er selbst erhielt außer dem Chemie-Nobelpreis zahlreiche weitere Auszeichnungen, darunter die Priestley-Medaille der ACS, den Arthur C. Cope Award, den Roger Adams Prize, den Eric and Sheila Samson Prime Minister's Prize for Innovations in Alternative Fuels for Transportation und die Ehrenmitgliedschaft der GDCh. Zudem wurden ihm mehr als 15 Ehrendoktorwürden verliehen. Er gehörte vielen internationalen Akademien an, darunter den amerikanischen nationalen Akademien NAS und NAE. Olah hinterlässt seine Frau Judy, zwei Söhne, George Jr. und Ronald, und drei Enkelkinder. Er war ein großartiger Chemiker, ein großes Vorbild und ein fürsorglicher Mensch. Die Chemikerwelt wird in schwer vermissen.

Referência(s)
Altmetric
PlumX