Artigo Revisado por pares

Helmuth Möhwald (1946–2018)

2018; Wiley; Volume: 130; Issue: 33 Linguagem: Alemão

10.1002/ange.201807015

ISSN

1521-3757

Autores

Regine von Klitzing, Thomas Zemb,

Tópico(s)

Surface Roughness and Optical Measurements

Resumo

Helmuth Möhwald, Gründungsdirektor des Max-Planck-Instituts für Kolloid- und Grenzflächenforschung, Potsdam-Golm, starb am 27. März 2018 im Alter von 72 Jahren. Möhwald entwickelte die LbL-Technik zur Herstellung sehr dünner organischer Filme und wendete dieses Verfahren zur Beschichtung kolloidaler Partikel an. Helmuth Möhwald, Gründungsdirektor des Max-Planck-Instituts für Kolloid- und Grenzflächenforschung, Potsdam-Golm, starb am 27. März 2018 im Alter von 72 Jahren nach kurzer Krankheit. Möhwald wuchs in Kassel auf und lebte zunächst in einem Flüchtlingslager. Seine Eltern waren am Ende des Zweiten Weltkriegs aus dem Sudetenland geflohen und hatten alles außer einer Nähmaschine und einem Fahrrad verloren. Er war immer ein leidenschaftlicher Fußballspieler und spielte sein letztes Spiel im Dezember 2017. Möhwald studierte Physik an der Universität Göttingen, wo er seinen Mentor Erich Sackmann kennenlernte. Zu der Zeit gründete er auch seine Familie mit seiner Frau Annelie und seiner Tochter Ulrike. Während seiner Doktorarbeit (abgeschlossen 1974) an der Universität Göttingen, seiner Habilitation an der IBM San Jose und seiner Habilitation in Physik (1978) an der Universität Ulm gelang es Möhwald, ausreichend reine organische Ladungstransferkristalle zu züchten, um die Existenz von Polaron-ähnlichen Exzitonen und eindimensionalem Ladungstransfer nachzuweisen. In der Folge war er bei Dornier in Friedrichshafen für die Entwicklung eines Schmierverfahrens für Kamerateile im Vakuum bei starken Temperaturgradienten zuständig. Dies weckte sein erstes Interesse an dünnen Schichten komplexer Flüssigkeiten und an Benetzungsphänomenen. Als Professor für Experimentelle Biophysik an der Technischen Universität München (1981–1987) begann er, Amphiphil-Monoschichten an der Wasser-Luft-Grenzfläche zu studieren: Er führte die Fluoreszenzmikroskopie als Verfahren zur Untersuchung von Flüssigkeitsoberflächen und Grenzflächen ein. Er zeigte, dass es Druckbereiche koexistierender Phasen gibt, was das Auftreten von Phasenübergängen erster Ordnung belegt (1983). Um die Struktur der geordneten Phasen zu untersuchen, führte er – in Zusammenarbeit mit der Gruppe von Jens Als-Nielsen – Riso, die Röntgenbeugung an flüssigen Oberflächen, ein (1987). Seine Arbeit inspirierte den Bau zweier Beamlines an der European Synchrotron Radiation Facility (ESRF). Als Mitglied des wissenschaftlichen Beirats des ESRF ermutigte Möhwald mehrere europäische Forschergruppen, 3D-Aspekte komplexer Flüssigkeiten mit ihrer Oberflächenstreuung zu korrelieren (1987). 1987 gründete Möhwald einen Lehrstuhl für Physikalische Chemie an der Universität Mainz, wo er begann, Alternativen zur bekannten Langmuir-Blodgett-Technik für die Herstellung ultradünner organischer Filme zu entwickeln. Das wohl bekannteste Beispiel ist in Zusammenarbeit mit seinem Habilitanden Gero Decher entstanden und adressiert die Herstellung von Filmen durch alternierende Adsorption von entgegengesetzt geladenen Polyelektrolyten, Partikeln, Proteinen oder anderen mehrfach geladenen Molekülen (jetzt LbL-Technik genannt). Diese Technik hat aufgrund ihrer Vielseitigkeit, Einfachheit und Anwendungsperspektiven unzählige Projekte inspiriert. Nach der deutschen Wiedervereinigung begann Möhwald zusammen mit seinen jüngeren Kollegen Markus Antonietti und Reinhard Lipowsky mit dem Aufbau des ersten Max-Planck-Instituts in den neuen Bundesländern. Neben dem Aufbau neuer Labore und Infrastrukturen waren hier vor allem Managementqualitäten gefragt. Die wohl bekannteste wissenschaftliche Errungenschaft der Abteilung Möhwalds aus jener Zeit war die Anwendung der LbL-Technik zur Beschichtung kolloidaler Partikel (1998). Dies ermöglichte die Formulierung von Kapseln mit definierten Wanddicken auf der Nanometerskala. Weitere Themen waren Nanopartikel mit schaltbarer Hydrophilie (2008), selbstreparierende Beschichtungen (2008) und bioaktive Beschichtungen (2009). Nach seiner offiziellen Pensionierung im Jahr 2014 war Möhwald noch immer als Berater und Editor tätig. Er arbeitete intensiv mit vielen seiner ehemaligen Mitarbeiter zusammen und blieb somit ein wertvoller Mentor. Möhwalds wissenschaftliche Neugier war schon immer faszinierend, und die Gespräche mit ihm waren immer sehr anregend. Gut 160 Doktoranden wurden unter seiner Leitung ausgebildet, und er arbeitete mit mehr als 250 Postdoktoranden zusammen. Fast 110 ehemalige Mitarbeiter, davon 30 % Frauen, haben heutzutage Professuren oder gleichwertige akademische Positionen inne. Er ist (Ko)Autor von ca. 1000 Publikationen und erhielt viele Preise, zuletzt den Lifetime Achievement Award 2018 der International Association of Colloid and Interface Science. Möhwalds Erfolgsrezept war seine eigene Philosophie, jungen Menschen so viel Freiraum wie möglich zu geben und selbst im Hintergrund zu bleiben. Er war sich dessen bewusst, dass diese Einstellung eine perfekte Übersetzung der Position, die er im Fußball liebte, in die Wissenschaft ist: als Libero, gewöhnlich die Nr. 10 – der Spieler, der den letzten Pass vor einem Tor spielt.

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