Artigo Revisado por pares

Die digitale Transformation: Likes und Dislikes

2023; Hogrefe Verlag; Volume: 12; Issue: 2 Linguagem: Africâner

10.1024/2235-0977/a000414

ISSN

2235-0985

Autores

Michael von Aster, Liane Kaufmann,

Tópico(s)

Education Methods and Technologies

Resumo

Free AccessDie digitale Transformation: Likes und DislikesMichael von Aster and Liane KaufmannMichael von AsterProf. Dr. Michael von Aster, Zentrum für Schulische und Psychosoziale Rehabilitation (ZSPR), DRK Kliniken Berlin | Erziehung und Bildung GmbH, Spandauer Damm 130a, 14050 Berlin, Deutschlandm.aster@drk-kliniken-berlin.deSearch for more papers by this author and Liane KaufmannPD Dr. Liane Kaufmann, Institut für Psychologie, Universität Innsbruck, Innrain 52f, 6020 Innsbruck, Österreichliane.kaufmann@uibk.ac.atSearch for more papers by this authorPublished Online:March 29, 2023https://doi.org/10.1024/2235-0977/a000414PDF ToolsAdd to favoritesDownload CitationsTrack Citations ShareShare onFacebookTwitterLinkedInReddit SectionsMoreDie atemlose Geschwindigkeit, mit der sich die Möglichkeiten der Informationstechnologie entwickeln, stellt enorme Anforderungen an den Einzelnen, an das Bildungs- und Erziehungssystem und an die Gesellschaft als Ganzes. Die digitale Transformation ist längst im Gange: bemerkt und unbemerkt, bedacht und unbedacht, gesteuert und ungesteuert. In unserem alltäglichen Leben bewirkt sie durch immer smartere Geräte diffuse Ablenkung. „Pling“ – Nachricht – Emoji – Antwort – Warten – „Pling“: Immer verbunden, im Telegrammstil, immer erreichbar, immer verfügbar, das Gegenüber nicht im Ohr oder im Blick, die Aufmerksamkeit vielfach geteilt, die Resonanz reduziert und oberflächlich. Die menschliche Interaktion verliert an Reichhaltigkeit, in der Sprache und in ihrer sinnlichen, stimmlichen, mimischen oder gestischen Wechselseitigkeit. Wir interagieren zunehmend einsam, mit einer hastig erzeugten, flüchtigen und unüberprüften Vorstellung vom Gegenüber, und wir lenken dieses Gegenüber vielleicht gerade ab von der Konzentration auf den Straßenverkehr oder auf die Regungen des Säuglings im Arm. Wir werden mit einer durch Algorithmen auf unser persönliches Profil sensibilisierten Informationsflut überschwemmt: Klick hier, Link da, immer weiter, nicht zu lange aufhalten, keine Zeit zu prüfen, nicht nachdenken, weiter. Wohin? Egal! Der Neurowissenschaftler Lutz Jäncke (2021) hat in seinem lehrreichen Buch „Von der Steinzeit ins Internet“ auf kurzweilige Art veranschaulicht, wie unvorbereitet und überfordert unser analoges Gehirn ist angesichts der unablässig nach Aufmerksamkeit und Erregung suchenden digitalen Reizumgebung.Onlinesucht gefährdet bei den immer jünger und zahlreicher werdenden Betroffenen nicht nur die schulische Entwicklung und den Erwerb von Kulturtechniken, sondern auch die Reifung zentraler regulativer Denkfunktionen wie beispielsweise der Fähigkeit des sich Umstellens oder des Filterns aufgabenirrelevanter Reize (Ophir, Nass & Wagner, 2009). Das erzeugende, kreative und prüfende Denken und Urteilen kommt, ebenso wie seine sprachliche (und schriftsprachliche) Ausformulierung, zugunsten eines primär rezeptiven, reaktiven und reflexhaften Verarbeitens zu kurz. Sprachbots – wie ChatGPT – erzeugen keine Literatur und können auch niemals unsere Gedanken, Gefühle und Zweifel treffend vor- oder wiedergeben, schon gar nicht erläutern. Wir lassen uns aber, oft aus Zeitmangel oder Bequemlichkeit, zunehmend leicht davon überzeugen, dass die aus Big Data generierten und adaptierten Sprachgebilde unsere Absichten, Motive und Einstellungen korrekt repräsentieren und machen sie uns damit möglicherweise unbedacht zu eigen. Auch das vermag Künstliche Intelligenz (KI) eben immer besser: Das Erzeugen einer auf Merkmale des Empfängers maßgeschneiderten Flut von (Falsch-)Informationen, die uns suggerieren sollen, dass wir dies oder jenes unbedingt benötigen und alsbald kaufen sollten, dass der Brexit ein Segen, Donald Trump ein Heilsbringer, Corona eine Erfindung und die Demokratie diktatorisch ist. Erst Mitte Februar 2023 wurde erneut bekannt, dass eine israelische Firma mittels Falschinformationen Wahlen manipuliert haben soll. Dies sind Entwicklungen, die unsere fundamentalen kulturellen und gesellschaftlichen Errungenschaften tatsächlich in ernste Gefahr bringen können.Im pädagogischen Alltag sind wir noch weitgehend unvorbereitet: Sobald das Smartphone weg ist, ist der Kopf leer und es droht quälende Langeweile und schlechte Laune. Das Handhaben elektronischer Medien erlernen Kinder heutzutage immer früher und sie entschwinden ihren oft weniger technologie-kompetenten Eltern und Lehrkräften leicht und unbemerkt in den virtuellen Raum. Was sie dort entdecken und erleben, bleibt oft sprachlos und von außen wenig einfühlbar, wie z.B. entpersönlichte Pornografie, die den kindlichen Betrachtern glauben macht, Sex und Gewalt gehörten zusammen. Die vielen Online-Stunden täglich rauben Zeit für real-soziales Lernen und machen ganz nebenbei auch dick und unsportlich, denn auch für Bewegung bleibt keine Zeit, was Kinderärzt_innen bitter beklagen (https://www.kindergesundheit-info.de/themen/medien/mediennutzung/mediengefahren/). Die Übersichtsarbeit von Stampfer, Weiss und Canazei (2023) in der vorliegenden Ausgabe berichtet über die negativen Folgen des Medienkonsums für den Schlaf und die schulische Lernleistung.Gerd Gigerenzer (2021) hat seinem sehr lesenswerten Buch den Titel „Klick“ und den Untertitel „Wie wir in einer digitalen Welt die Kontrolle behalten und die richtigen Entscheidungen treffen“ gegeben. Der weltweit renommierte Forscher und ehemalige Direktor des Max-Planck-Instituts für Bildungsforschung in Berlin warnt vor einem technologischen Paternalismus und plädiert leidenschaftlich für eine breite Förderung digitaler Kompetenzen, die einerseits die Gefahren und Risiken der Digitaltechnologie kontrollierbar und andererseits ihre Chancen nutzbar macht.Wir haben bereits vor fünf Jahren in einem Editorial mit dem Titel „Droht der Schule ein digitaler Tsunami? – Auf die Qualität kommt es an!“ (von Aster & Lipka, 2018) auf die Chancen einer klugen und informierten Nutzung digitaltechnologischer Möglichkeiten im schulisch-inklusiven Setting hingewiesen und dabei insbesondere auch für den Einsatz wirksamkeitsgeprüfter KI-basierter Lernsoftware z.B. in Mathe und Deutsch plädiert (vgl. auch Kohn et al., 2017 und Rauscher et al., 2017). Die Übersichtsarbeit von Giang, Wambsganss und Käser (2023) in dieser Ausgabe gibt einen eindrucksvollen Einblick in die Möglichkeiten und Grenzen eines KI-basierten maschinellen Lernens im Bereich der Förderung höherer kognitiver Fertigkeiten wie dem Argumentieren.Zwei weitere Artikel der vorliegenden Ausgabe befassen sich mit Fragen einer sinnvollen Mediennutzung bei gering literalisierten Erwachsenen. David, Langer und Koppel (2023) erforschen den „Digital Taste“ von gering literalisierten Erwachsenen und zeigen die Notwendigkeit auf, pädagogische Ansätze zu erarbeiten, die den Einfluss der Schichtzugehörigkeit von Lernenden adäquat berücksichtigen und Wege finden, sozioökonomische Unterschiede abzumildern. Der Beitrag von Mayer, Jambor-Fahlen und Kholin (2023) fokussiert ebenfalls das Lernangebot für Erwachsene mit geringer Literalität. Die Autorinnen stellen die kostenlose und frei zugängliche Suchmaschine KANSAS vor, die Lehrkräfte dabei unterstützen kann, Sprachlerntexte für gering literalisierte Erwachsene im Internet zu recherchieren und sie untersuchen den Nutzen der Suchmaschine für die Unterrichtsplanung.Trotz der politisch gebetsmühlenartig geforderten Digitalisierung ist die tatsächliche Entwicklung im Bildungsbereich dem Eindruck nach noch sehr lückenhaft und erschöpft sich vielerorts in der Bereitstellung von iPads, auf denen dann didaktisch althergebrachte Arbeitsblätter im digitalen PDF-Format bunt animiert bearbeitet werden können. Salopp gesagt: Das kann's wohl nicht sein! Die digitale Transformation bietet große Chancen bei informierter, dosierter und ethischer Nutzung. Uninformierte, übermäßige und unethische Nutzung birgt hingegen erhebliche Gefahren für die mentale und körperliche Gesundheit und für das menschliche Zusammenleben schlechthin. Eine hochwertige Schulung von Lehrkräften in Studium und Weiterbildung verdient allerhöchste Priorität und sollte vorrangiges Ziel der Bildungspolitik werden.Literatur Giang, C. , Wambsganss, T. & Käser, T. (2023) Maschinelles Lernen zur Förderung von höheren Kompetenzen. Lernen und Lernstörungen, 12 (2), 67–81. First citation in articleAbstract, Google Scholar David, L. M. , Langer, S. & Koppel, K. (2023). Der „Digital Taste“ als Voraussetzung für den erfolgreichen Einsatz digitaler Medien in der Grundbildung. Lernen und Lernstörungen, 12 (2), 83–94. First citation in articleAbstract, Google Scholar Gigerenzer, G. (2021) Klick. Wie wir in einer digitalen Welt die Kontrolle behalten und die richtigen Entscheidungen treffen. München: Bertelsmann Verlag. First citation in articleGoogle Scholar Jäncke, L. (2021). Von der Steinzeit ins Internet. Bern: Hogrefe. First citation in articleCrossref, Google Scholar Kohn, J. , Rauscher, L. , Käser, T. , Kucian, K. , McCaskey, U. , Esser, G. & von Aster, M. G. (2017). Effekte eines computerisierten Rechentrainings bei Kindern mit Rechenschwäche. Teil 1: Verbesserungen der arithmetischen Fertigkeiten und der Zahlenraumvorstellung. Lernen und Lernstörungen, 6 (2), 51–63. First citation in articleLink, Google Scholar Mayer, N. , Jambor-Fahlen, S. & Kholin, M. (2023). Einstellungen von Lehrpersonen zu digitalen Medien und die effektive Nutzung einer Suchmaschine (KANSAS). Lernen und Lernstörungen, 12 (2), 95–106. First citation in articleAbstract, Google Scholar Ophir, E. , Nass, C. & Wagner, A. D. (2009). Cognitive control in media multitaskers. PNAS, 106 (37), 15583–15587. First citation in articleCrossref, Google Scholar Rauscher, L. , Kohn, J. , Käser, T. , Kucian, K. , McCaskey, U. , Wyschkon, A. , Moraske, S. , Esser, G. & von Aster, M. G. (2017). Effekte eines computerisierten Rechentrainings bei Kindern mit Rechenschwäche. Teil 2: Auswirkungen auf psychische Auffälligkeiten, Selbstbewertungen der eigenen Kompetenz und Leistungsängste. Lernen und Lernstörungen, 6 (2), 75–86. First citation in articleLink, Google Scholar Stampfer, B. , Weiss, E. M. & Canazei, M. (2023). Nutzung von elektronischen Geräten und deren Einfluss auf Schlaf und Lernleistung bei Kindern und Jugendlichen. Lernen und Lernstörungen, 12 (2), 55–66. First citation in articleAbstract, Google Scholar von Aster, M. G. & Lipka, M. (2018). Droht der Schule ein digitaler Tsunami? – Auf die Qualität kommt es an! Lernen und Lernstörungen, 7 (2), 1–2. First citation in articleGoogle ScholarFiguresReferencesRelatedDetails Themenheft: Digitale TransformationVolume 12Issue 2April 2023ISSN: 2235-0977eISSN: 2235-0985 InformationLernen und Lernstörungen (2023), 12, pp. 53-54 https://doi.org/10.1024/2235-0977/a000414.© 2023Hogrefe AGPDF download

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